Das Austrittsinterview – Wie kann sich unser Unternehmen mit dem Austrittsgespräch trotz Kündigung weiterentwickeln?
Wie können wir das Austrittsinterview nutzen, damit sich unser Unternehmen trotz Kündigung weiterentwickelt? In diesem Beitrag möchten wir uns ansehen, wie ein Austrittsgespräch Ihnen hilft, die Motive für eine Kündigung zu erfahren und ggf. darauf zu reagieren. „Starke Wirtschaft führt zu mehr Jobwechseln.“ Diese Tatsache bekamen deutsche Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren. Laut Bundesagentur für Arbeit bzw. Institut der deutschen Wirtschaft, wechselten in 2017 im Durchschnitt 32 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten den Job. Verlassen Mitarbeiter das Unternehmen aus eigenem Antrieb, nehmen viele Chefs dies persönlich und reagieren gekränkt. Das Fatale daran ist, dass das Ego der Chefs diesen Unternehmen eine einmalige Chance raubt: Mitarbeiter, die selbst kündigen, haben keine Angst mehr diesen Job zu verlieren und können sehr ehrlich über die Gründe ihres Austritts und die Verhältnisse im Unternehmen sprechen. Befragt das Unternehmen diese Personen in einem strukturierten Austrittsinterview, kann es die Motive für die Kündigung erfahren und ggf. darauf reagieren und so die nächste Kündigung wertvoller Mitarbeiter vermeiden. Aber auch das Qualitätsmanagement kann von einem Austrittsinterview profitieren. Lesen Sie im Folgenden, warum und wie!
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Wie kann Ihnen ein Austrittsgespräch bei der Weiterentwicklung Ihres Unternehmens helfen?
Wer hätte das gedacht? Auch bei diesem Thema zeigt sich, dass der risikobasierte Ansatz der ISO 9001 für eine Organisation Vorteile bringt, wenn er konsequent angewendet wird. Eine Kündigung kann unterschiedlichste Gründe haben, aber ein Gespräch ist immer nützlich. Und zwar für beide Seiten!
Das Mitarbeiter Austrittsgespräch bietet dem Unternehmen die Chance, zu erkennen, warum ein Mitarbeiter diesen Schritt getan hat und lieber zu einem neuen Arbeitgeber wechselt. Es macht einen großen Unterschied aus, ob „externe Vorfälle“ oder „interne Vorfälle“ dies verursacht haben! Die gewonnenen Informationen dienen, richtig genutzt, der Personalbindung für die verbleibenden Mitarbeiter, wenn die ausscheidenden Mitarbeiter die Gründe ehrlich erklären:
- Kümmern wir uns zu wenig um den privaten Bereich unserer Beschäftigten, so dass wir „externe Vorfälle“ nicht mitbekommen?
- Müssen wir „interne Vorfälle“, aufgrund organisatorischer Veränderungen, durch bessere Führungsleistung verhindern?
In der Regel fühlen sich Mitarbeiter, die gehen wollen, besser, wenn der letzte Arbeitgeber ihre Motivation nachvollziehen kann und die Trennung ohne Frust und Wut abläuft. Wenn die Türe für eine spätere Rückkehr geöffnet bleibt, ist dies für beide Seiten eine vorteilhafte Perspektive.
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Welche Ziele verfolgt ein Austrittsinterview?
Das wichtigste Ziel des Austrittsgespräches lautet, die Austrittsgründe des Mitarbeiters zu erkennen und so auf Verbesserungspotenziale oder Korrekturbedarf im Unternehmen zu schließen. Neben diesem Hauptziel sollten auch die folgenden Perspektiven bedacht werden:
- Überarbeitung der Stellenbeschreibung zur Neubesetzung der Stelle
- Klärung von offenen Fragen (Betriebsrente, Firmenfahrzeug, …)
- positiver Abschluss des Arbeitsverhältnisses
- Dank für das geleistete Engagement
- eventuelles Abwenden des Austritts
- Erleichterung eines Wiedereinstiegs
Wichtig ist, eine Gesprächsatmosphäre zu schaffen, die es ermöglicht, dass der austretende Mitarbeiter kritisch und offen den Grund für seine Kündigung darlegen kann und auch heikle Themen angesprochen werden. Hinterlässt das Unternehmen beim ausscheidenden Mitarbeiter den Eindruck eines kritikfähigen und offenen Arbeitgebers, der an seiner Meinung interessiert ist, beeinflusst dies die Art und Weise, wie er danach über das Unternehmen spricht und damit das Firmenimage.
Was sind wichtige Aspekte des Austrittsgesprächs mit einem Mitarbeiter?
Um dem Austrittsgespräch eine Struktur zu geben, sollten Unternehmen der Person, welche das Gespräch führt, eine Vorlage (Gesprächsleitfaden mit Themen) an die Hand geben. Damit wird sichergestellt, dass keine Punkte vergessen werden und die Gespräche, unabhängig von der gesprächsführenden Person, vergleichbar ablaufen. Die folgende Auflistung nennt wichtige Themenbereiche, aus denen die Fragen eines Austrittsgesprächs zusammengestellt werden können:
- Verständnis der wesentlichen Gründe für den Austritt (externe/interne Vorfälle).
- Feedback zum Unternehmen (Werte, Leistungen, Prozesse, Image, …).
- Feedback zum persönlichen Umfeld im Unternehmen (Vorgesetzte/Kollegen).
- Schlüsselfaktoren zur Motivation (Zufriedenheit/Leistungsbereitschaft, Perspektiven, …).
- Hinweise in Bezug auf das Qualitätsmanagementsystem und dessen Prozesse (Akzeptanz, Einbeziehung, Sinn, …).
- Erwartungen an einen neuen Arbeitgeber.
- Offene Kommentare/Empfehlungen an das Unternehmen.
Die Themen müssen konkret benannt und spezifisch an das eigenen Unternehmen angepasst werden.
Das Gesetz für Whistleblower soll den „guten Verrat“ stärken
Beschäftigte, die das Unternehmen verlassen, sollten unbedingt zu compliance-relevanten Aspekten, d.h. zu Verstößen des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen befragt werden. In Zukunft erfährt der „gute Verrat“ durch die Novellierung des Geheimnisschutzgesetzes (GeschGehG) erstmals gesetzlichen Rückhalt, was einen ausscheidenden Mitarbeiter, trotz Geheimhaltungsvereinbarung, eher dazu bewegen könnte, rechtliche Verstöße zu melden. Dies sollte Gegenstand des Risikomanagements sein.
Potenzielles Befragungsthema | QM |
Allgemeine Beurteilung des Unternehmens | |
Vision, Mission, Werte | X |
Feedback zum Arbeitsklima | |
Organisationsqualität der Bereiche bzw. Prozesse | X |
Sinnhaftigkeit der Arbeitsabläufe, der Bereiche bzw. Abteilungen | X |
Arbeitsbelastung/Auslastung | X |
Attraktivität der Arbeitsinhalte | |
Angemessenheit der Arbeitsplatzeinrichtung/Infrastrutur | X |
Image des Unternehmens | |
Führungsstil im Unternehmen/in Bereichen (Mitarbeiterbeurteilung) | |
Informationspolitik Firma/Abteilung/HR-Abteilung | |
Kostenbewusstsein | |
Qualitätsbewusstsein | X |
Mitsprachemöglichkeiten | X |
Angemessenheit von Neben- u. Sozialleistungen (Kantine, PKW) | |
Produktqualität | X |
Servicequalität | X |
Lohnvergleich intern/extern | |
Unterstützung durch den Personalbereich | |
Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen | |
Weiterbildungsangebot | X |
Möglichkeiten der Weiterentwicklung (Beförderung) | |
Zielsetzungen Unternehmen/Bereiche/Prozesse | X |
Umgang mit Wissen | X |
Umgang mit Mitarbeiterideen | X |
Eventuelle Compliance-Aspekte | X |
Diese Hinweise helfen Ihnen dabei, ein Austrittsgespräch zu führen
Das Austrittsinterview sollte möglichst kurz vor dem letzten Anwesenheitstag des ausscheidenden Mitarbeiters stattfinden. Damit die Befragten bei kritischen Aussagen keine Angst vor negativen Konsequenzen haben müssen, sollte das Arbeitszeugnis bereits ausgehändigt worden sein. Im eigentlichen Gespräch sollten die folgenden Hinweise Beachtung finden:
- Beauftragen Sie eine neue Vertrauensperson, die keinen direkten Arbeitsbezug zu dem Beschäftigten hat, mit der Durchführung des Gesprächs.
- Erklären Sie kurz den Sinn und die Inhalte des Gesprächsleitfadens (Offenheit).
- Planen Sie ausreichend Zeit ein und sorgen Sie dafür, dass Sie während des Gesprächs nicht gestört werden.
- Führen Sie das Gespräch in einem neutralen Raum und nicht am Arbeitsplatz des Mitarbeiters.
- Sorgen Sie für eine passende Atmosphäre.
- Dokumentieren Sie die Ergebnisse des Gesprächs schriftlich.
Hält sich der Gesprächspartner sehr zurück, sollten Sie unbedingt nachhaken und unklare Antworten hinterfragen. Erkundigen Sie sich nach konkreten Vorfällen. Umso besser ist es möglich, die wirklichen und echten Gründe zu verstehen und heikle Problembereiche zu erkennen. Je klarer die Ergebnisse sind, desto höher ist der Nutzen eines Austrittsgesprächs.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen,
Ihr Reinhold Kaim
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