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Zeugnisformulierung – Der Arbeitszeugnis Geheimcode

Kaum ein arbeitsrechtliches Thema wird so ausgeprägt diskutiert, wie das der Erstellung von Arbeitszeugnissen. In § 109, Abs. 2 der Gewerbeordnung (GewO) hat der Gesetzgeber versucht, die gängige Praxis des „Zeugnisgeheimcodes“ zu entschärfen, indem das Zeugnis „keine Merkmale oder Formulierungen enthalten darf, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen“. Trotz dieser guten Absicht wird vor den Arbeitsgerichten vielfach um Formulierungen in Arbeitszeugnissen gestritten, da es kein einheitliches „Codebuch“ zur Interpretation von Zeugnissen gibt. Historisch gesehen, haben sich jedoch einige Formulierungen (auch) deswegen entwickelt, da der Arbeitgeber auf Grund seiner Fürsorgepflicht ein „wohlwollendes“ Zeugnis erteilen muss, um das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt zu erschweren. Doch, wie ist so ein „weichgespültes“ Zeugnis zu interpretieren? Diese Frage ist speziell bei Neueinstellungen von Mitarbeitern wichtig, um im Sinne der ISO 9001 kompetente Mitarbeiter zu gewinnen. Dieser Beitrag beantwortet Ihnen wichtige Fragen.


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Die „Basics“ der Zeugniserstellung – Rechtsgrundsätze

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Inhalt des Arbeitszeugnisses einige Grundsätze aufgestellt, unabhängig davon, ob sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer (in der Regel durch die Kündigung des Arbeitsvertrages) im guten Einvernehmen trennen oder nicht. Das Arbeitszeugnis muss danach folgenden Anforderungen genügen:

Die Aussagen im Zeugnis müssen der Wahrheit entsprechen.
Der wichtigste vom Arbeitgeber zu beachtende Zeugnisgrundsatz ist die Wahrheitspflicht. Arbeitgeber dürfen in einem Arbeitszeugnis keine unzutreffenden Angaben machen und auch nichts auslassen – unerheblich, ob zu Lasten oder zu Gunsten des Arbeitnehmers. In das Zeugnis gehören nur nachprüfbare Tatsachen. Ein Zeugnis mit Behauptungen, Verdächtigungen oder bloßen Annahmen würde der Wahrheitspflicht nicht entsprechen.

Die Aussagen müssen durch Klarheit die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers ermöglichen.
Ein Arbeitszeugnis muss klar und verständlich formuliert sein, d.h. die Formulierungen dürfen keine Zweifel aufkommen lassen, wie der Arbeitnehmer vom Aussteller beurteilt wurde. Dazu muss das Zeugnis auch vollständig sein. Es müssen alle für die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens wichtigen Zeiträume betrachtet und Kriterien erwähnt werden. Der Zeugnisaussteller darf nichts auslassen, was der Zeugnisleser üblicherweise erwartet.

Die Aussagen im Zeugnis sollen vom verständigen Wohlwollen für den Arbeitnehmer geprägt sein.
Der Arbeitnehmer kann Formulierungen verlangen, die sein berufliches Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren. Trotzdem kann ein Arbeitszeugnis auch negative Wertungen enthalten. Die Ansicht, es dürfe nichts Negatives im Zeugnis stehen, ist zwar weit verbreitet, aber nicht korrekt. Achtung! Unterschlägt der letzte Arbeitgeber wichtige Tatbestände, macht er sich eventuell gegenüber dem neuen Arbeitgeber haftbar.

Video: Aufbau einer Prozessbeschreibung

Video: Die Prozesslandkarte – Prozesse identifizieren


Übliche Form und Inhalte eines Arbeitszeugnisses

Das Arbeitszeugnis sollte maschinenschriftlich auf DIN A4-Geschäftspapier erstellt sein. Die Gestaltung der äußeren Zeugnisform ist alleine dem Arbeitgeber überlassen. Achten Sie bei der Prüfung eines Zeugnisses darauf, dass dies mit einer Originalunterschrift einer betriebsangehörigen Person des Ausstellers mit Weisungsbefugnis versehen ist. Die Vorgesetztenstellung muss sich (durch entsprechenden Hinweis) unmittelbar aus dem Arbeitszeugnis ergeben. Die Zeugniserteilung in elektronischer Form (auf Datenträger bzw. per E-Mail) ist nach der derzeitigen Gesetzeslage ausgeschlossen (vgl. § 109, Abs. 3 GewO). Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus sechs Abschnitten:

1. Die Einleitung
– Eintritt und berufliche Entwicklung des Mitarbeiters im Unternehmen. „Frau/Herr Mustermann trat am (…) in unser Unternehmen ein und wurde in den folgenden (…) Jahren als (…) und als (…) eingesetzt.“

2. Die Beschreibung der zuletzt ausgeführten Tätigkeit – „Zu den zuletzt ausgeführten Aufgaben Frau/Herr Mustermanns zählten…“

3. Die Leistungsbeurteilung – Zu den wesentlichen Angaben zählen die Arbeitsbereitschaft, Arbeitsfähigkeit, Wissen und Weiterbildung, Arbeitsweise, Arbeitserfolge sowie die resultierende Leistungszusammenfassung: „Frau/Herr Mustermann führte die ihr/ihm übertragenen Aufgaben jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit aus.“ Beispiele für die Notenzuordnung gängiger „Zufriedenheitsformeln“ finden Sie in der folgenden Tabelle:

4. Die Verhaltensbeurteilung – Hier ist das persönliche (soziale) Verhalten zu beurteilen. Beispiel: „Ihr/Sein Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war jederzeit vorbildlich.“ Im Unterschied zu dieser wohlwollenden Formulierung gibt es gerade bei der Verhaltensbeurteilung Formulierungen, die gut klingen, aber das Gegenteil bedeuten! Hier ein paar Beispiele:


5. Aussagen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Die Angabe von Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie zum Beispiel betriebsbedingte Ursachen, erläutern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Z.B.: „Der Austritt erfolgte auf eigenen Wunsch.“

6. Die Schlussformulierung – Bei guten Mitarbeiter/innen enthält das Arbeitszeugnis eine umfassende Aussage, den Dank für die geleistete Arbeit, das Bedauern über das Ausscheiden sowie die guten Wünsche für die Zukunft.

Falls Sie ein Arbeitszeugnis vorgelegt bekommen bei dem die Schlussformel ganz oder teilweise fehlt, deutet dies auf eine sehr negative Bewertung hin. Sie sollten in diesen Fällen im Rahmen der Auswahlgespräche den alten Arbeitgeber kontaktieren und den Grund für diese „Zeugnislücke“ erfragen.


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Achten Sie auch auf das, was nicht vorhanden ist

Um Dinge zu verdeutlichen wird häufig auf eine zu erwartende Aussage verzichtet. Die Formulierung „Das Verhalten gegenüber Kollegen war einwandfrei“, lässt auf Grund der hier fehlenden Aussage zu Vorgesetzten vermuten, dass dies wohl weniger gut war.
Auch passive Formulierungen, wie z.B. „Aufgaben, die ihm angetragen wurden, führte er zielstrebig aus“, verweisen auf wenig Eigeninitiative. Damit Sie solche Feinheiten erkennen können, sollten Sie die Vorlage Formulierungen im Arbeitszeugnis deuten zur Erstellung und Entschlüsselung von Zeugnissen nutzen!

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2 Comments

  1. Elisabeth Weber
    7. Januar 2016 at 13:56 — Antworten

    Auf die Formulierung einer Dankes und Bedauernsformel haben Arbeitnehmer keinen Anspruch. Gerade aber weil auf die Dankes- und Bedauernsformel sowie die Zukunfts- und Erfolgswünsche kein rechtlicher Anspruch besteht, haben diese einen großen Einfluss darauf, ob ein Zeugnis insgesamt als stimmig empfunden wird. Daher ist es mittlerweile in der Praxis häufig so, dass Arbeitnehmer_innen, die mit einem Aufhebungsvertrag aus dem Unternehmen ausscheiden, nicht nur die Note des Zeugnisses sondern auch eine bestimmte Schlussformel in diesem festlegen lassen.

  2. 20. April 2022 at 12:03 — Antworten

    Danke für die Vorlage

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