QM Qualitätsmanagement ISO 9001 Prozesse

Wie setzen Sie die ISO 9001 Anforderungen an externe und interne Themen sowie interessierte Parteien um? – Teil 2 unserer Serie zur ISO/TS 9002

„Unsere Betriebsabläufe zu standardisieren ist unmöglich, da unsere Kunden zu unterschiedlich sind.“ „Ein Qualitätsmanagementsystem verträgt sich mit dem Geldverdienen einfach nicht.“ Mit diesen und ähnlichen Argumenten wird in Unternehmen, die die Idee des Qualitätsmanagements nicht wirklich verstanden haben, eine Parallelwelt geschaffen. In diese Parallelwelt taucht dann ausschließlich der Auditor der Zertifizierungsstelle ein, da das Unternehmen das Zertifikat ja nun mal benötigt, um den Status des Lieferanten nicht zu verlieren. Diese Problematik ist den verantwortlichen ISO-Gremien natürlich nicht verborgen geblieben. Das Ergebnis der Evolution in der Normenwelt der ISO ist der Annex SL mit dem neuen Abschnitt 4, der die Einbeziehung des Kontextes in das Managementsystem fordert. Leider ist damit der Abstraktionsgrad nicht geringer geworden und viele Unternehmen wissen nicht, wie dies sinnvoll umgesetzt werden kann. Im Folgenden finden Sie die Empfehlungen des Leitfadens ISO/TS 9002 für die Abschnitte zu externen und internen Themen sowie interessierten Parteien mit flankierenden Informationen.

Weitere Beiträge aus unserer Serie zur ISO/TS 9002:

1. Die ISO/TS 9002:2016 als Leitfaden zur Anwendung der ISO 9001
2. ISO 9001 Anforderungen an externe und interne Themen sowie interessierte Parteien umsetzen
3. ISO 9001 Anforderungen an die oberste Leitung
4. Die richtige Planung Ihres QM Systems gem. ISO 9001
5. Umsetzung der ISO 9001 Anforderungen aus dem Abschnitt „Unterstützung“
6. Ermittlung von Kundenanforderungen gem. ISO 9001 durch Kunden-Kommunikation
7. Erfüllung der ISO 9001 Forderungen für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess

8. Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen gem. ISO 9001
9. Umsetzung der ISO 9001 Anforderungen zu Produktion und Dienstleistungserbringung
10. Produktfreigabe und die Steuerung nichtkonformer Ergebnisse gem. ISO 9001
11. Überwachung und Messung von QM Kennzahlen gem. ISO 9001
12. Umsetzungen Anforderungen der ISO 9001 an interne Audits und die Managementbewertung 
13. Wir zeigen, wie Sie mit KVP die fortlaufende Verbesserung Ihres QM-Systems gewährleisten


Externe und interne Themen verstehen – Was fordert der Abschnitt 4.1 der ISO 9001?

Der Zweck des Abschnitts 4.1 der ISO 9001 besteht darin, externe und interne Themen zu verstehen, die für den Zweck und die strategische Ausrichtung der Organisation relevant sind und deshalb deren Fähigkeit, die beabsichtigten Ergebnisse des Qualitätsmanagementsystems zu erreichen, positiv oder negativ beeinflussen können. Eine Organisation sollte sich bewusst sein, dass sich einmal erkannte externe und interne Themen ändern können und daher überwacht und überprüft werden sollten. Sinnvoll ist, dass dies in den selben Intervallen wie die Überprüfung und Bewertung des Managementsystems erfolgt. Mit Kenntnis dieser Themen wird das Umfeld des Unternehmens begreifbar, so dass die Prozesse des Qualitätsmanagementsystems diese Aspekte berücksichtigen. Diese Informationen über externe und interne Themen bilden unterschiedliche Perspektiven ab und können aus unterschiedlichsten Quellen gewonnen werden.


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Beispiele der ISO/TS 9002 für interne und externe Themen nach ISO 9001

In der folgenden Tabelle finden Sie typische Aspekte für externe und interne Themen. Die Auflistung der ISO/TS 9002 wurde in dieser Tabelle um zusätzliche Beispiele ergänzt.

Typische Aspekte für externe ThemenTypische Aspekte für interne Themen
Politische Faktoren wie politische Stabilität, öffentliche Investitionen, lokale Infrastruktur, Handels- und Steuerpolitik, Embargos, Zollabkommen, Protektionismus.Faktoren der Führung der Organisation wie Konzernpolitik, Standortstrategie, interner Wettbewerb, Prozess- oder Abteilungsdenken.
Wirtschaftliche Faktoren wie Wechselkurse, wirtschaftliche Situation, Inflation, Kreditverfügbarkeit, Zinsniveau.Die Gesamtleistung der Organisation beeinflussende Faktoren, d.h. mit Relevanz für die Zielerreichung.
Soziale Faktoren wie regionale Arbeitslosenquote, Bildungsniveau, Demografie, Konsumverhalten, Bildung.Menschliche Aspekte wie Kompetenz von Personen, organisatorisches Verhalten und Kultur, Beziehungen.
Technologische Faktoren wie Branchentechnologie, Materialien und Ausrüstung, Patentschutz, Stand der Technik.Ressourcenfaktoren wie technische Infrastruktur (Maschinenpark), Umfeld für die Durchführung der Prozesse.
Gesetzliche und behördliche Faktoren wie betriebliche Mitbestimmung und branchenspezifische Vorschriften, Datenschutz.Regeln und Verfahren für die Entscheidungsfindung, Rechtsbewusstsein, Arbeitsverträge, Kündigungsschutz.
Marktfaktoren wie Art der Wettbewerber, Marktanteil der Organisation, Konkurrenz ähnlicher Produkte oder Dienstleistungen, Trends bei den Marktführern, Trends beim Kundenwachstum, Marktstabilität, Lieferkettenbeziehungen.Faktoren wie Produktportfolio, Lebenszyklus der Produkte, Abfluss von Wissen, Produktrisiken, Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Emissionen, Energieverbrauch, Abfallaufkommen.
Als Quelle empfiehlt die ISO/TS 9002 ,,Leitfaden zur Anwendung der ISO 9001″ Pressemedien, Websites, Veröffentlichungen von nationalen Statistikämtern und anderen Regierungsstellen, Fachpublikationen, Besuch von Fachkonferenzen, Treffen mit relevanten Agenturen, Treffen mit Kunden und relevanten Interessengruppen sowie Austausch in Berufsverbänden.

Reale Welt und ,,Parallelwelt“ – Die ISO/TS 9002 unterstützt beim Zusammenführen

Das Zusammenführen der beiden Welten wörtlich zu nehmen, kann aus der Sicht der ISO/TS 9002 unterstützt werden, indem Werkzeuge bzw. Methoden genutzt werden, die bei der Führungsebene bekannt sind. Auf der strategischen Ebene eignet sich deshalb die Stärken-, Schwächen-, Chancen- und Bedrohungsanalyse (SWOT) oder die Politik-, Wirtschafts-, Sozial-, Technologie-, Rechts- und Umweltanalyse (PESTLE). Für kleinere oder wenig komplexe Unternehmen können auch einfachere Ansätze angemessen sein, die von der Größe und Komplexität dieser Operationen abhängig sind, z.B. ein Brainstorming durchzuführen oder „was wäre wenn“ Fragen zu stellen.

Video: Die neue HLS – High Level Structure

Video: Was ist die ISO 9001?


Abschnitt 4.2 der ISO 9001 – fokussieren Sie sich mit Hilfe der Norm auf die relevanten interessierten Parteien

Mit dem Abschnitt 4.2 bezweckt die 9001 sicherzustellen, dass ein Unternehmen – wo notwendig – auch die Anforderungen interessierter Parteien berücksichtigt, obwohl diese über diejenigen ihrer direkten Kunden hinausgehen können. Die Absicht der Norm ist dabei jedoch, auf die relevanten interessierten Parteien zu fokussieren! Relevant bedeutet im Sinne der Norm, dass sich die Nicht-Erfüllung der Anforderungen dieser interessierten Parteien auf die Fähigkeit der Organisation auswirken kann, konforme Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen. Obwohl nicht explizit in der ISO 9001 thematisiert, ist die Ermittlung der externen und internen Themen direkt mit der Ermittlung der relevanten interessierten Parteien logisch verknüpft. Die Auflistung der relevanten interessierten Parteien ist in der Regel für jede Organisation spezifisch. Zur Bewertung, inwieweit interessierte Parteien relevant sind, kann ein Unternehmen Kriterien zur Bestimmung der Wichtigkeit entwickeln. Typischerweise sollten die folgenden Kriterien zu Grunde gelegt werden:

  • Der mögliche Einfluss einer interessierten Partei auf die Leistung der eigenen Organisation.
  • Risiken und Chancen, die durch die Handlungen einer interessierten Partei für die eigene Organisation entstehen könnten.
  • Mögliche Einflüsse oder Auswirkungen einer interessierten Partei auf den für die eigene Organisation relevanten Absatzmarkt.
  • Das Ausmaß, inwieweit Entscheidungen oder Aktivitäten einer interessierten Partei das eigene Unternehmen beeinflussen.

 

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Verknüpfung der internen und externen Themen mit interessierten Parteien und Prozessen

Die folgende Tabelle zeigt Ihnen anhand von drei Beispielen von externen und internen Themen die Verknüpfungen zu interessierten Parteien, die Anforderungen dieser Parteien und die entsprechenden Maßnahmen zur Prozessumsetzung auf.

Internes oder externes ThemaInteressierte ParteiAnforderungen der interessierten ParteiMaßnahmen, in den betreffenden Prozessen umzusetzen sind
Mangel an qualifizierten Mitarbeitern für die wichtigen Produktkategorien.KundeEinhalten der Liefertermine. Gewährleistung des Qualitätsstandards.Flexibilität bei Mitarbeiterausfall sicherstellen. Springer ausbilden, die umfassend für mehrere Arbeitsplätze qualifiziert sind.
BetriebsratMitbestimmung bei der Beschaffung von
Fremdpersonal.
Berücksichtigung der Information des Betriebsrats im Beschaffungsprozess und Einbindung bei der Vertragsgestaltung.
Hohe Stillstandszeiten durch niedrige Losgrößen (häufiges Rüsten).Eigenes PersonalStress durch häufiges Rüsten minimieren.Zusammenfassen von ähnlichen Produkten, wenn terminlich möglich. Reorganisation des Rüstprozesses, um Suchen zu vermeiden.
Räumliche Erweiterungsmöglichkeiten sind eingeschränkt.Eigenes PersonalAusreichend Bewegungsraum.Umorganisation der Struktur (Stellplätze für Paletten, Werkzeuge, etc.).
Verkauf oder Entsorgung nicht mehr benötigter Maschinen.

Die ISO/TS 9002 empfiehlt Methoden zur Ermittlung der Bedürfnisse und Erwartungen relevanter interessierter Parteien

Das Verständnis der Bedürfnisse und Erwartungen relevanter interessierter Parteien kann mit Hilfe unterschiedlicher Methoden gefördert werden. Die ISO/TS 9002 empfiehlt in Zusammenarbeit mit den Prozessverantwortlichen die Verwendung der folgenden Methoden, die das Sammeln von Informationen ermöglichen:

  • Analyse der Bestellungen und Marktüberwachung durch den Vertrieb.
  • Durchführung von Kunden- oder Nutzerumfragen durch den Vertrieb.
  • Überwachung der Bedürfnisse, Erwartungen und Zufriedenheit der Kunden durch den Vertrieb.
  • Benchmarking durch das Produktmanagement.
  • Überprüfung der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen durch Compliance- oder Rechtsabteilungen.
  • Lobbying und Networking durch die Leitung.
  • Überprüfung der Lieferkettenbeziehungen durch die Beschaffungsverantwortlichen.

Die Bestimmung der relevanten interessierten Parteien und ihre relevanten Anforderungen hängt von den verschiedenen angebotenen Produkten und Dienstleistungen ab. Die Organisation sollte nachhaltige Prozesse implementieren, um die relevanten Anforderungen ihrer interessierten Parteien zu überwachen und zu überprüfen. Diese Überwachung sollte auf einer strategischen Ebene erfolgen, indem diese die Anforderungen mit der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen verknüpft und im Rahmen der Managementbewertung die Erfüllung betrachtet und bei Bedarf Maßnahmen ableitet.

Viel Erfolg beim Umsetzen der Anforderungen wünscht Ihnen
Ihr Reinhold Kaim


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