SIX SIGMA

SIX SIGMA im Urlaub

Sommerzeit ist Urlaubszeit

Und da wird sich sicherlich manch einer denken – gewisse Vorkenntnisse vorausgesetzt – dass da bei Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung des so wertvollen Jahresurlaubs doch auch so das eine oder andere Tool aus dem Six Sigma Werkzeugkoffer zum Einsatz kommen könnte. Muss ja nicht unbedingt so weit gehen, dass zu Beginn ein hochoffizielles Projektcharter ausgefüllt wird – allein schon die Frage, wer denn dann eigentlich der Champion des Projekts sein könnte, dürfte wohl einiges Kopfzerbrechen verursachen. Aber ist die Idee erst einmal im Kopf, lässt sie sich so schnell auch nicht mehr entfernen – also macht sich unsere Beispielfamilie aus Sigmaringen flugs daran, mittels einer sauberen Voice of the customer – Analyse die Anforderungen des Kunden (der man ja selber ist) auf Papier zu bringen.

Natürlich werden diese genüsslich am KANO-Modell gespiegelt, das in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen differenzieren lässt. Letztere bestimmen beim internen Brainstorming interessanterweise sehr deutlich die Diskussion – während die Tochter sich hierunter den „Erwerb mindestens einer (unechten) Prada-Handtasche“ vorstellt, ist das für den Papa eher der Hinweis auf „mindestens 2 Flirts pro Urlaubstag“. Damit sind wir auch schon bei den Critical to Qualities  – also den berühmten CTQ’s – wo es ja letztlich darum geht, die Anforderungen zu quantifizieren und dann auch zu überlegen, an welchen geeigneten Output Messgrößen (Y’s) man denn nachher feststellen kann, ob der Urlaub überhaupt erfolgreich war.


Einige dieser Zielgrößen sind natürlich auch schnell gefunden, als da wären z.B.  der klassische Bräunungsgrad oder auch die Anzahl geschossener und der Quotient davon auch wirklich verwertbarer Fotos pro Urlaubstag oder auch die maximal erlaubte Körpergewichtserhöhung. Letztere wird einstimmig auf max. 1 kg im Vergleich vorher/nachher festgelegt, was angesichts der Tatsache, dass man sich im Anschluss an die VOC-Analyse auf einen all-inclusive Flug-Urlaub im Mittelmeerraum geeinigt hatte, doch schon ein sehr ambitioniertes Ziel zu sein scheint.

Aus dem Köfferchen der Kreativitätstechniken hilft ein kleines Mind-Mapping dann noch schnell dabei, herauszufinden, was man denn so alles mitnehmen sollte – wie nicht anders zu erwarten, kommt hier auch einiges zusammen. Na ja, dann kann’s endlich losgehen, und nach Taxi-Fahrt, Flug- und Bustransfer ist man dann endlich am Urlaubsort angekommen. Ein spontan angelegter Soll-/Istvergleich lässt  schnell erkennen, dass die vorgefundenen Vor-Ort – Bedingungen doch recht gut den in den Reiseunterlagen erwähnten entsprechen; kleinere Defizite werden – sauber als noncompliance-notes im Rahmen eines kurzen Auditberichts deklariert –  mit der Reiseleitung in statu nascendi angesprochen und ausgeräumt.


Der Urlaub nimmt einen unbeschwerten Verlauf, dennoch wird selbstverständlich Wert darauf gelegt, die Entwicklung der Zielgrößen genauestens zu verfolgen. Der Bräunungsgrad wird –  mangels geeigneter Messgeräte –  nicht stetig sondern attributiv bewertet. Papa hat hierfür die Grenzmustermappe vom häuslichen Würstchengrillen mitgenommen, die auf einer Skala von 1-8 Bräunungsunterschiede doch recht gut differenzieren lässt. Nach einigen Tagen ist der Urlaubs-Zielwert von größer-gleich 5 von einigen Familienmitgliedern schon erreicht worden – der Sohnemann hinkt allerdings noch deutlich hinterher. Ein kurzfristig auf die Appartement-Wohnzimmerwand gekritzeltes Ishikawa-Diagramm lässt verschiedene potenzielle Fehlerursachen – wie z.B. „zu hoher Schutzfaktor des Sonnenschutzmittels“  oder „zu viele Tauchgänge im Swimmingpool“ –  schnell erkennen, die dann über eine Cause and Effect-Matrix priorisiert und mit einem Quick Step -Massnahmenplan angegangen werden – auf eine FMEA wird aus familienpolitischen Gründen verzichtet, ein statisticher Versuchsplan erscheint aufgrund der fehlenden Komplexität der Situation zu aufwendig.

Womit wir auch schon bei den statistischen Werkzeugen wären. Hier lassen sich nach entsprechender Vorbereitung in Minitab über beschreibende Statistik und geeignete grafische Darstellungen wie Box-Plot, Streudiagramm, Verlaufsdiagramm etc. ausgezeichnete Analysen auf Basis zahlreicher Hypothesentests anstellen. Wie aus der Pistole geschossen beantwortet der 10-jährige Sohnemann beim Frühstück Papa’s Frage nach dem zu wählenden Testverfahren richtig, wenn es darum geht, festzustellen, ob es einen signifikanten Unterschied in der Kaffeeaufbereitungszeit der 2 vor Ort befindlichen Kaffeeautomaten gibt : Two-Sample-T-Test!      Bravo – Eins – Setzen!


Auch ein nach wenigen Tagen durchgeführter Chi-Quadrat Test lässt mit 97,5 %iger-Sicherheit erkennen, dass der Anteil verwertbarer Fotos auf Mama’s Digicam sicher höher liegt als beim Töchterchen. Die Anwendung einer Einzelwertkarte deutet daraufhin, dass entgegen vieler Befürchtungen sich das Urlaubsgewicht der Familienmitglieder in einem vorhersagbaren (und gemäß der Anforderung auch guten) Bereich entwickelt – höchstwahrscheinlich werden hier die Verlockungen des all-inclusive-Angebots durch den täglichen Mehrbewegungsdrang kompensiert. Selbstredend hat sich die dafür verwendete Personenwaage erstmal einer Messsystemanalyse unterziehen müssen.

Nun gut, irgendwann ist auch der schönste Urlaub vorbei und nach mehr oder weniger anstrengender Rückreise wird er dann zeitnah im Kreise der Familie aufgearbeitet, die Erreichung der Zielgrößen sauber dokumentiert, ein gemeinsam abgestimmter Bewertungsbogen ausgefüllt und die Lessons learned zusammengestellt und an die Nachbarschaft und beste Freunde verteilt.

So hat alles seine Ordnung, bis demnächst
Ihr Axel Jungheim

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