QM Qualitätsmanagement ISO 9001 Prozesse

Führung und Verpflichtung – So erfüllen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an die oberste Leitung – Teil 3 unserer Serie zur ISO/TS 9002

Wofür ist die oberste Leitung im Qualitätsmanagement verantwortlich und wofür nicht? Chefs sprechen im Beisein von Kunden gerne über das Qualitätsmanagementsystem, da es ein wichtiges Argument für die Vertragsschließung ist. Aber wo liegt für die Chefs die Pflicht neben dieser Kür, wofür kann ein Chef verantwortlich gemacht werden? Die DIN ISO 9001 ist, entgegen der vorherigen Revision, eindeutig: Für das Funktionieren des Qualitätsmanagementsystems! Die ISO 9001 Anforderungen hierzu sind im Normabschnitt 5.1 – Führung und Verpflichtung zu finden. Muss die oberste Leitung nun alles selbst in die Hand nehmen, also in Zukunft wie eine Art Chefkoch agieren? Die Antwort lautet eindeutig „nein“! Die oberste Leitung kann, wie in allen anderen Bereichen des Unternehmens auch, Aufgaben an die Mitarbeiter delegieren. Für die Erledigung dieser Aufgaben übernehmen Mitarbeiter natürlich die Verantwortung, vorausgesetzt, sie haben auch die erforderlichen Befugnisse erhalten. Wo aber die neue Norm einen Riegel vorschieben will ist, dass die oberste Leitung die Rechenschaftspflicht für das Qualitätsmanagement delegiert, wie dies in vielen Unternehmen mit der Delegation der QM-Verantwortung an den Beauftragten der Leitung durchgeführt wurde. Die ISO/TS 9002 gibt auch hier Empfehlungen. Lesen Sie im folgenden Beitrag also, welche Anforderungen erfüllt werden müssen und wie Aufgaben und Verantwortungen wirkungsvoll delegiert werden können.

Weitere Beiträge aus unserer Serie zur ISO/TS 9002:

Teil 1: Die ISO 9002 ist zurück – Die neue ISO/TS 9002:2016 dient Ihnen als Leitfaden zur Anwendung der ISO 9001
Teil 2: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an externe und interne Themen sowie interessierte Parteien um
Teil 3: Führung und Verpflichtung – So erfüllen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an die oberste Leitung
Teil 4: Die richtige Planung Ihres QM Systems gem. ISO 9001 – So werden aus Chancen keine Risiken
Teil 5: Unterstützungsprozesse – So setzen Sie die ISO 9001 Anforderungen aus dem Abschnitt „Unterstützung“ um
Teil 6: Zur Ermittlung von Kundenanforderungen verlangt die ISO 9001 eine erfolgreiche Kommunikation mit dem Kunden
Teil 7: So erfüllen Sie die Forderungen der ISO 9001 für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess

Teil 8: Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen – Dies sind die Anforderungen der ISO 9001
Teil 9: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 zur Produktion und Dienstleistungserbringung um
Teil 10: So gelingt Ihnen die Produktfreigabe und die Steuerung nichtkonformer Ergebnisse gem. ISO 9001
Teil 11: So gelingt Ihnen die Überwachung und Messung von QM Kennzahlen gem. ISO 9001
Teil 12: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an interne Audits und die Managementbewertung um
Teil 13: Wir zeigen, wie Sie mit dem KVP Prozess die fortlaufende Verbesserung in Ihrem QM System gewährleisten


Anforderungen der ISO 9001 an die Verantwortung der Leitung – Übernehmen Sie eine aktive Rolle in Ihrem QM-System

Das folgende kleine Quiz macht die veränderten Anforderungen an das Rollenverständnis in der ISO 9001 deutlich. Nennen Sie die wesentlichen Anforderungen der ISO 9001 an die oberste Leitung in Bezug auf das Qualitätsmanagementsystem (QMS):

a) Auskunft zu den Ergebnissen des QMS geben können.
b) Rechenschaftspflicht für die Wirksamkeit des QMS übernehmen.
c) Einen Qualitätsmanagementbeauftragten benennen.

Viele Geschäftsführer, Vorstände, Inhaber, Gesellschafter und andere Personen in der Rolle der obersten Leitung sahen hier ihre Aufgabe mit der Antwortalternative c) bereits erfüllt, indem sie einen QMB bzw. in der Norm-Nomenklatur den „Beauftragten der obersten Leitung“ benannten. Dies entsprach aber nicht im Ansatz dem, was das ISO-Komitee eigentlich im Abschnitt 5 der Norm ausdrücken wollte. Die ISO/TS 9002 stellt hier nochmals klar, dass das Top-Management Führungsstärke und Engagement zeigen muss, indem es eine aktive Rolle bei der Implementierung, Förderung und Sicherstellung, Kommunikation und Überwachung der Leistung und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems übernehmen muss. Sie wollen wissen, wie ausgeprägt die oberste Leitung in Ihrer Organisation diesem Rollenverständnis entspricht? Dann nutzen Sie den Fragebogen am Ende unseres Beitrags zur Bewertung des Rollenverständnisses der obersten Leitung und stufen Sie damit ein, inwieweit das Topmanagement den ISO 9001 Anforderungen entspricht. Es spricht natürlich nichts dagegen, wenn die oberste Leitung mithilfe dieses Fragebogens ihr Rollenverhalten selbst reflektiert.


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Die ISO/TS 9002 macht deutlich: Die oberste Leitung muss Führung und Verpflichtung sichtbar demonstrieren

Viele Unternehmen beschäftigen sich mehr mit sich selbst und verlieren ihre Kunden weitgehend aus den Augen. Die ISO/TS 9002 macht hier nochmals deutlich, dass das Top-Management Führungsstärke und Engagement sichtbar demonstrieren muss, damit das Unternehmen den Fokus auf die Erfüllung der Kundenanforderungen und die Steigerung der Kundenzufriedenheit nicht verliert. Die Hauptaufgabe der obersten Leitung ist demnach sicherzustellen, dass effektive Prozesse zur Ermittlung der Kundenanforderungen sowie der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen an die Produkte und Dienstleistungen der Organisation vorhanden sind und dass diese Anforderungen verstanden werden. In vielen Fällen kann aus Sicht der ISO/TS 9002 eine Fokussierung auf den Faktor Termintreue und Kundenreklamationen Aufschluss darüber geben, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Kundenzufriedenheit zu erreichen oder zu verbessern.


Berücksichtigen Sie bei der Erstellung Ihrer Qualitätspolitik die Erklärungen der ISO 9001 und ISO/TS 9002

Neben der Erklärung der Intention der ISO 9001, finden wir in der ISO/TS 9002 eine Liste von Eingaben, die bei der Erstellung einer Qualitätspolitik berücksichtigt werden sollten, um deren Wirksamkeit zu erhöhen:

  • Klares Verständnis des Kontexts der Organisation, einschließlich der aktuellen Leistung des Managementsystems und der Bedürfnisse und Erwartungen der relevanten interessierten Parteien.
  • Die strategische Ausrichtung der Organisation, basierend auf Mission, Vision, Leitsätzen und Kernaussagen.
  • Die Höhe und Art zukünftiger Verbesserungen, die für den Erfolg der Organisation erforderlich sind.
  • Der erwartete Grad der Kundenzufriedenheit.
  • Die erforderlichen Ressourcen, um die angestrebten Ergebnisse zu erreichen.
  • Die potenziellen Beiträge relevanter interessierter Parteien.

Video: Aufgaben des Qualitätsmanagementbeauftragten

Video: Einführung Qualitätsmanagementsystem


Führung und Verpflichtung bedeutet auch Kommunikation – Informieren Sie relevante und interessierte Parteien über Ihre Qualitätspolitik

Die ISO/TS 9002 stellt einleitend klar, dass auch die beste Qualitätspolitik nichts bewirkt, wenn diese den Personen in der Organisation nicht kommuniziert wurde, bzw. nicht verstanden wurde oder einfach nicht angewendet wird. Die Qualitätspolitik soll jedoch zur Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems einen wichtigen Beitrag leisten. Dieser Beitrag kann durch die Berücksichtigung der Anforderungen an das Bewusstsein und die Kommunikation durch Personen auf verschiedenen Ebenen innerhalb der Organisation erreicht werden. Zur wirksamen Kommunikation der Qualitätspolitik rät uns die Norm, die folgenden Möglichkeiten zu nutzen, z.B.:

  • Schwarze, weiße Bretter,
  • Bildschirmschoner,
  • Darstellung auf der Website der Organisation,
  • Agenda-Punkt während routinemäßiger Meetings.

Die Organisation sollte die Qualitätspolitik darüber hinaus relevanten interessierten Parteien wie externen Anbietern, Partnern, Kunden und Behörden zur Verfügung stellen. Dies könnte auf Anfrage oder durch Veröffentlichung der Qualitätspolitik auf einer Website geschehen.


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Gemeinsam stark – Nach der ISO/TS 9002 darf die oberste Leitung Aufgaben und Verantwortungen delegieren

Die ISO/TS 9002 hebt direkt hervor, dass die Erledigung von Aufgaben und die damit einhergehende Verantwortung für das Qualitätsmanagementsystem zwar delegierbar ist, die Gesamtverantwortung und Rechenschaftspflicht jedoch beim Top-Management verbleibt. Bei der Festlegung von Verantwortlichkeiten und Befugnissen sollten die folgenden Aspekte berücksichtigt werden, damit das Qualitätsmanagementsystem von möglichst vielen Schultern getragen wird:

  • Zuordnung bestimmter Funktionen, wie z.B. interne Auditoren, Durchführung der Managementbewertung.
  • Beauftragung von Personen mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, um zu überwachen, ob die Prozesse ihre beabsichtigten Ergebnisse liefern (z.B. Überwachung der Qualitätsziele, Auswertung von Kennzahlen oder Durchführung interner Audits).
  • Verantwortlichkeiten in Bezug auf die Berichterstattung über die Leistung des Qualitätsmanagementsystems (Koordination der Berichterstattung, Reporting über bestimmte Prozesse des Qualitätsmanagementsystems).
  • Kommunikation mit den Kunden und die Lösung von Problemen (z.B. Kundendienst oder Qualitätssicherung).
  • Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Integrität des gesamten Qualitätsmanagementsystems an Personen, die in der Lage sind, sicherzustellen, dass Änderungen nicht ohne Rücksicht auf ihre Auswirkungen geplant werden (Bsp.: Einführung eines neuen ERP-Systems, Entscheidung, den Design- und Entwicklungsprozess auszulagern, Nutzung neuer Marktchancen, Umstrukturierung der Organisation, eine Fusion oder Akquisition).

Aus Sicht der Norm ist es sinnvoll, Rollen und Verantwortlichkeiten aufzuteilen. Dies bietet Vorteile bei der Abwesenheit von Managern, bei Unfällen oder Krankheiten oder während Urlaubszeit. Die Verantwortlichkeiten und Befugnisse sollten im Unternehmen kommuniziert werden. Dies könnte aus Sicht der Norm durch die Verwendung relevanter, dokumentierter Informationen geschehen, wie z.B. Stellenbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, Dienstvorschriften, Dienstpläne, Organigramme, Handbücher, Arbeitsanweisungen.


Fragebogen zur Bewertung von Führung und Verpflichtung der obersten Leitung

Wie im Beitrag bereits erwähnt,  folgt nun unterstehend ein Fragebogen zur Bewertung des Rollenverhältnisses der obersten Leitung in Ihrer Organisation. Reflektieren Sie sich selbst und prüfen Sie, ob und inwieweit Ihr Top-Management den Vorgaben der ISO 9001 entspricht.

Rollenprofil der obersten Leitung im Sinne der ISO 9001Smiley positivSmiley mittelSmiley negativ
Macht das Top-Management deutlich, dass ihm seine Rechenschaftspflicht für die Effektivität des QM-Systems bewusst ist, indem es für seine Aktivitäten und die erzielten Ergebnisse Verantwortung übernimmt (Zuständigkeit kann delegiert werden, die Verantwortlichkeit verbleibt beim Top-Management)?
Stellt das Top-Management sicher, dass die Qualitätspolitik und die Qualitätsziele unter Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung und dem Kontext der Organisation festgelegt werden? (Die Qualitätspolitik und die Qualitätsziele können in routinemäßigen Besprechungen festgelegt werden, wie z.B. während der strategischen Planung oder dem Management Review)
Sorgt das Top-Management dafür, dass die Prozesse des QM-Systems der Organisation in die gesamten Geschäftsprozesse integriert sind und nicht als „etwas Aufgesetztes“ oder „Widersprüchliches“ behandelt werden?
Fördert das Top-Management den prozessorientierten Ansatz und das risikobasierte Denken, z.B. durch Sicherstellung der effektiven Interaktion zwischen den Prozessen, mit einem systematischen Ansatz zur Realisierung eines effektiven Ablaufs von Input zu Output und der gemeinsamen Bewältigung von Risiken und Nutzung von Chancen?
Überwacht das Top-Management den aktuellen und prognostizierten Arbeitsaufwand sowie die Zeitpläne, um sicherzustellen, dass angemessene Ressourcen für das QM-System (Personen, Werkzeuge, Ausrüstungen usw.) zur Verfügung gestellt werden, wann und wo immer diese erforderlich sind?
Erfolgt durch das Top-Management eine Kommunikation über die Wege interner Besprechungen, E-Mail, persönliche Gespräche, Intranet des Unternehmens usw. über den Wert und den Nutzen des QM-Systems und die Einhaltung der darin formulierten Anforderungen?
Stellt das Top-Management durch Überwachung der Ergebnisse sicher, dass das QM-System die angestrebten Ergebnisse erreicht? (Dies beinhaltet, dass im Falle von Korrektur- oder Verbesserungsbedarf am System oder einzelner Prozesse die erforderlichen Maßnahmen durch das Top-Management in die Wege geleitet und die erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden)
Beauftragt, orientiert und unterstützt das Top-Management das Personal der Organisation, so dass dieses zur Wirksamkeit des QM-Systems beiträgt, indem es mit ihnen kommuniziert? (Dies könnte einschließen, dass das Top-Management, wenn Verbesserungen erforderlich sind, als Projektchampion fungiert und Mitarbeiter sowie andere ermutigen, in Verbesserungsteams mitzuwirken)
Fördert das Top-Management die Verbesserung und stellt es gleichzeitig sicher, dass Informationen und Empfehlungen aus Audits, anderen Bewertungen sowie aus den Managementreviews an die Verantwortlichen kommuniziert werden? (Dies kann auch dazu beitragen, den Wert und Nutzen von Verbesserungen aufzuzeigen)
Gibt das Top-Management dem Personal in anderen relevanten Führungspositionen Unterstützung und Anleitung, um zu helfen, die Führungsleistung weiterzutragen, die das Top-Management im eigenen spezifischen Einflussbereich einbringt? (Dies könnte Mentoring und Unterstützung bei spezifischen Entscheidungen einschließen, die der Organisation helfen, sich besser an die Anforderungen anzupassen, oder Verbesserungen im Bedarfsfall voranzutreiben)

Viel Erfolg dabei wünscht Ihnen
Ihr Reinhold Kaim


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