QM Qualitätsmanagement ISO 9001 Prozesse

Was ist der Unterschied zwischen Prokura und Handlungsvollmacht?

Wie bereits die DIN EN ISO 9001:2008 fordert auch die ISO 9001:2015 die Festlegung von Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnissen im Unternehmen. Eine wichtige Kategorie unter den Befugnissen ist die Zeichnungsbefugnis, die regelt, worauf eine Person ihre Unterschrift setzen kann. In Behörden sind diese Befugnisse in Geschäftsordnungen, Satzungen oder ähnlichem eindeutig geregelt. Einige Unternehmen tun sich mit diesen Regelungen jedoch schwerer. Deshalb sind die Listen zu Entscheidungen und Beschlüssen der Gerichte zum Schlagwort „Zeichnungsbefugnis“, die verschiedene juristische Datenbanken führen, sehr lang. Um hier Klarheit zu schaffen, finden Sie im Folgenden die wichtigsten Aspekte zur eindeutigen Festlegung der Zeichnungsbefugnisse und Handlungsvollmacht erklärt. Damit vermeiden Sie in Zukunft in diesem Zusammenhang böse Überraschungen.

Mit Unterschrift ist der Geschäftsbrief rechtsverbindlich

Spätestens, wenn der Chef auf Dienstreise oder im Urlaub ist, stellt sich die Frage, wie die ihn vertretenden Mitarbeiter die in dieser Zeit vorhandene Korrespondenz oder ausgehandelten Verträge unterzeichnen dürfen bzw. müssen. Für Nichtjuristen ist es leider nicht immer einfach, rechtlich den Durchblick über den Unterschied Prokura – Handlungsvollmacht sowie Willenserklärung zu behalten. Bestimmte Zusätze zur Unterschrift zeigen dem Empfänger oder Vertragspartner, welche Befugnisse die unterzeichnende Person im Unternehmen hat.

Falls die Kürzel weggelassen oder falsch verwendet werden, kann dies unerwünschte Folgen haben, da damit Verpflichtungen und Rechte verbunden sind. Über die Bedeutung für die Verbindlichkeit der Vertragsunterschrift in Hinsicht der Rechtswirksamkeit einer abgegebenen Willenserklärung, beziehungsweise der Gültigkeit eines Vertrags hinaus, entsteht eine persönliche Haftung desjenigen, der die Unterschrift (ggf. unberechtigt) geleistet hat. In Fragen der Unterschriftenregelung ist es also für alle Beteiligten zwingend notwendig, Licht ins Dunkel der Zeichnungsbefugnisse zu bringen und dies schriftlich eindeutig und für alle nachvollziehbar zu formulieren.


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Rechtsgrundlagen für Zeichnungsbefugnisse

Grundlegende Hinweise zu den rechtlichen Aspekten finden wir im Handelsgesetzbuch (HGB), im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), oder je nach Fallkonstellation und Rechtsform, oft ähnlich, in unterschiedlichen Gesetzesvorschriften „versteckt“, wie z.B. dem GmbH-Gesetz, Aktiengesetz (AktG), Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) bis zum Vereinsrecht. Im Folgenden werden deshalb die übergeordneten Strukturen dargestellt, die natürlich für den speziellen Fall einer juristischen Überprüfung bedürfen. Firmeninhaber, Geschäftsführer, Gesellschafter oder Vorstände unterschreiben in der Regel nur mit deren Namen. Damit die Empfänger oder Vertragspartner wissen, mit wem sie es zu tun haben, wird ihre Funktion im Unternehmen durch einen Zusatz direkt unterhalb des Namens dargestellt, wie z.B.:

Hans Maier
Geschäftsführer

Das Problem taucht jedoch erst auf, wenn der Chef nicht anwesend ist. Für diesen Fall müssen die handelnden Personen auf eindeutige Weise darstellen, dass der Chef auch für deren Unterschrift einsteht und − im Extremfall − auch haftet!

Video: Was ist ein Qualitätsmanagementsystem ISO 9001?

Video: High Level Structure ISO 9001


Die einzelnen Befugnisse – Unterschied zwischen Prokura und Handlungsvollmacht

Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass für alle Mitarbeiter die erforderlichen Handlungsvollmachten schriftlich vorliegen. Die beiden wichtigsten Begriffe, wenn es im unternehmerischen Bereich darum geht, Mitarbeiter in Arbeitsabläufe einzubeziehen und diese zu bevollmächtigen, bestimmte Vorgänge in eigener Verantwortung zu regeln, sind die Prokura und die allgemeine Handlungsvollmacht. Zwischen diesen beiden Kategorien bestehen jedoch erhebliche Unterschiede.

Im Folgenden wird der Unterschied Prokura – Handlungsvollmacht herausgestellt:

Prokura
Die Prokura ist eine spezielle handelsrechtliche Vollmacht und umfasst einen weiten gesetzlich festgelegten Umfang. Nur der Inhaber eines kaufmännischen Handelsgewerbes kann eine Prokura erteilen, nicht aber der Kleingewerbetreibende. Die Prokura ermächtigt zu allen Geschäften, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt und ist somit nicht branchenbezogen oder auf gewöhnliche Geschäfte beschränkt. Der Prokurist kann somit weitestgehend für den Kaufmann tätig werden.

Handlungsvollmacht
Unter den Begriff Handlungsvollmacht fällt jede Vollmacht (die nicht Prokura ist), welche ein Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes erteilt. Im Unterschied zur Prokura besitzt sie einen geringeren Umfang. Die Handlungsvollmacht wird deshalb gerne als die „kleine Schwester der Prokura“ bezeichnet. Im Unterschied zur Prokura schreibt das Gesetz den Umfang der Handlungsvollmacht nicht zwingend fest. Diesen bestimmt deshalb der Vollmachtgeber in nachfolgend genannten Grenzen selbst, als

  • General- oder Gesamtvollmacht,
  • Gattungs- oder Artvollmacht und
  • Einzel- oder Sondervollmacht.
    Außergewöhnliche Geschäfte sind von einer Handlungsvollmacht nicht gedeckt.

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Relevante Vollmachten – diese Unterschiede bestehen

In der Tabelle finden Sie die genannten Vollmachten mit den Umfängen und den zur Unterschrift zu verwendenden Zusätzen aufgelistet.

ArtUmfangErläuterung, BesonderheitZusatz
Prokura
(HGB § 48-53)
Die Prokura ist sehr umfangreich und berechtigt zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäften, die der Betrieb eines Gewerbes mit sich bringt. Grundsätzlich ausgeschlossen: Auflösung bzw. Verkauf des Unternehmens, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, private Geschäfte, Aufnahme weiterer Gesellschafter, Unterzeichnung der Bilanz, Erteilung einer Prokura.Die Prokura kann vom Umfang nicht eingeschränkt werden und ist in das Handelsregister einzutragen. Es können branchenübergreifende
Geschäfte getätigt werden.
ppa.
(per Prokura, dem Namen vorangestellt)
General- oder GesamtvollmachtBerechtigung zu allen Geschäften, die der Betrieb eines Gewerbes der jeweiligen Branche mit sich bringt. Sie wird vom Inhaber des Unternehmens oder vom Prokuristen erteilt. Ausgeschlossen von einer Handlungsvollmacht sind jegliches Beleihen oder Veräußern von Grundstücken sowie (im Gegensatz zur Prokura) das Zeichnen von Wechseln, das Aufnehmen von Darlehen oder das Führen von Prozessen.Umfasst alle Geschäfte, bei denen eine Vertretung rechtlich zulässig ist. Handlungsvollmachten
müssen nicht ins Handelsregister eingetragen werden.
i. V.
(in Vollmacht)
Gattungs- oder ArtvollmachtBerechtigung für gleichartige Aufgaben, die wiederkehrend innerhalb eines bestimmten Tätigkeitsbereichs im Unternehmen anfallen. Sie kann von jedem erteilt werden, der mindestens die gleiche Vollmacht besitzt.Umfasst eine Gattung von Geschäften, wie zum Beispiel die Bankvollmacht, Postvollmacht oder Einkaufsvollmacht.i. A.
(im Auftrag)
Einzel- oder SondervollmachtBerechtigung zu einem bestimmten Geschäft bzw. einer bestimmten Handlung. Erteilt werden kann sie von jedem, der mindestens die gleiche Vollmacht besitzt.Beinhaltet nur ein Rechtsgeschäft, d.h. erlischt nach Durchführung der bevollmächtigten Handlung wieder.i. A.
(im Auftrag)

Die eingescannte Unterschrift oder der Faksimilestempel

Neben dem schon früher häufig verwendeten Faksimilestempel werden neuerdings eingescannte Unterschriften in Geschäftsbriefen eingefügt. Wenn Sie z.B. E-Mails mit Unterschrift-Scan versenden, werden diese mittlerweile als rechtsgültig anerkannt. Unterzeichnen Sie ein vom Chef diktiertes Schreiben mit einer der beiden Möglichkeiten, gilt dies als verbindliche Erklärung ihres Chefs. Falls der Geschäftspartner dieser Form der Zeichnung misstraut, muss er rückfragen. Andernfalls wird sie voll wirksam.

Aber Achtung: Ist dem Nutzer des Faksimiles oder der Unterschriftsdatei ein Irrtum unterlaufen, kann der Chef ggf. bei diesem Schadensersatzansprüche anmelden. Deshalb müssen Faksimilestempel sicher verschlossen aufbewahrt werden oder die Datei mit der eingescannten Unterschrift muss gegen unberechtigte Benutzung gesichert sein.

 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Ihr Reinhold Kaim

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