So gelingt Ihnen die Produktfreigabe und die Steuerung nichtkonformer Ergebnisse gem. ISO 9001 – Teil 10 unserer Serie zur ISO/TS 9002
Im Internetshop von Amazon kann man es tatsächlich noch erwerben, das Qualitätskennzeichen „Made in Germany “. In neonorange, Größe 35 x 35 mm kosten 500 Stck. 27,50 EUR. Ursprünglich zum Ende des 19. Jahrhunderts von Großbritannien als Schutz vor billiger und minderwertiger deutscher Importware eingeführt, gilt die Bezeichnung heute noch weltweit in den Augen vieler Käufer als Gütesiegel. Neben der großen wirtschaftlichen Bedeutung dieses Qualitätskennzeichens, hat die Kennzeichnung der Qualität eines Produktes oder Dienstleistung einen ganz pragmatischen Sinn. Im Wertschöpfungsprozess ist es zwingend erforderlich zu erkennen, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung weiterbearbeitet bzw. -verarbeitet werden darf. Und am Ende der Wertschöpfungskette ist es wichtig sicherzustellen, dass nur fertige Produkte und Ergebnisse von Dienstleistungen in die Kundenhände gelangen können. Sollte etwas ungewollt schief gehen, dann muss ein geregelter Umgang mit nicht konformen Ergebnissen gewährleistet sein. Auch hier können wir uns überraschen lassen, welche Hinweise uns die ISO/TS 9002:2016 zu den betreffenden Normabschnitten 8.6 von 8.7 mit auf den Weg gibt.
Weitere Beiträge aus unserer Serie zur ISO/TS 9002:
Teil 1: Die ISO 9002 ist zurück – Die neue ISO/TS 9002:2016 dient Ihnen als Leitfaden zur Anwendung der ISO 9001
Teil 2: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an externe und interne Themen sowie interessierte Parteien um
Teil 3: Führung und Verpflichtung – So erfüllen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an die oberste Leitung
Teil 4: Die richtige Planung Ihres QM Systems gem. ISO 9001 – So werden aus Chancen keine Risiken
Teil 5: Unterstützungsprozesse – So setzen Sie die ISO 9001 Anforderungen aus dem Abschnitt „Unterstützung“ um
Teil 6: Zur Ermittlung von Kundenanforderungen verlangt die ISO 9001 eine erfolgreiche Kommunikation mit dem Kunden
Teil 7: So erfüllen Sie die Forderungen der ISO 9001 für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess
Teil 8: Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen – Dies sind die Anforderungen der ISO 9001
Teil 9: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 zur Produktion und Dienstleistungserbringung um
Teil 10: So gelingt Ihnen die Produktfreigabe und die Steuerung nicht konformer Ergebnisse gem. ISO 9001
Teil 11: So gelingt Ihnen die Überwachung und Messung von QM Kennzahlen gem. ISO 9001
Teil 12: So setzen Sie die Anforderungen der ISO 9001 an interne Audits und die Managementbewertung um
Teil 13: Wir zeigen, wie Sie mit dem KVP Prozess die fortlaufende Verbesserung in Ihrem QM System gewährleisten
Bei der Produktfreigabe darf der Kunde im Notfall die letzte Kontrollinstanz sein
Aus der Sicht der ISO/TS 9002 ist das Ziel des Abschnitts 8.6 2 „Freigabe von Produkten und Dienstleistungen“ sicherzustellen, dass die Produkte und Dienstleistungen allen geltenden Anforderungen entsprechen, bevor der Kunde damit in Berührung kommt. Für den Fall, dass geplante Vereinbarungen nicht eingehalten werden können, sollte die Organisation vorab bestimmen, welche Stelle die Befugnis hat oder erhalten muss, um eine Entscheidung zu treffen. In bestimmten Fällen könnte dies der Kunde sein. Die Organisation sollte hierfür Kriterien für Situationen festlegen, in denen es notwendig wäre, die Zustimmung des Kunden einzuholen, um die ISO 9001 Anforderungen auch bei fehlerhaften Ergebnissen konform umzusetzen. Die Person oder Personen, die die endgültige Freigabe des Produkts oder der Dienstleistung genehmigen dürfen, soll bzw. sollen in geeigneter Weise ermächtigt und bekannt gemacht werden, z.B. durch ihre Stellenbeschreibungen oder eine Zeichnungsbefugnis, die für das Personal des Unternehmens nachvollziehbar sind (z.B. mittels Aushang). Getroffene Entscheidungen müssen durch die Aufbewahrung von dokumentierten Informationen belegbar sein, wie zum Beispiel:
- Name und Unterschrift der freigegebenen Person auf dem Prüfprotokoll oder
- Speicherung bestimmter Daten, um eine automatisierte Freigabe von Produkten oder Dienstleistungen zu bestätigen
(z.B. automatische elektronische Zahlungsermächtigung für einen Online-Verkauf).
Speziell für kritische Merkmale sollte die Produktfreigabe hinsichtlich Erfüllungsgrad der Spezifikation, gesetzlicher Vorgaben und Erfüllung der Kundenforderungen zu Risikominderung im Falle einer Produkthaftung dokumentiert werden.
Unser Tipp
Ausbildung: In der Ausbildung Basiswissen Qualitätsmanagement ISO 9001 erlangen Sie fundierte Kenntnisse über die ISO 9001 und lernen, wie Sie deren Anforderungen in Ihrem Qualitätsmanagementsystem umsetzen.
Die Steuerung nichtkonformer Ergebnisse – Die unbeabsichtigte Lieferung oder Verwendung fehlerhafter Ergebnisse ist keine Option
Wenn ein fehlerhaftes Ergebnis festgestellt wird, sollte die Organisation auf der Grundlage der Auswirkungen auf die Konformität des Produkts oder der Dienstleistung geeignete Maßnahmen ergreifen. Die Aktivitäten können je nach Kritikalität des Fehlers variieren. Zum Beispiel könnte die sofortige Benachrichtigung des Kunden erforderlich sein, wenn ein Sicherheits- oder Funktionsproblem festgestellt wird. Kleinere, während der Produktion festgestellte Probleme, könnten intern erst vor der Auslieferung behoben werden. Um die Anforderungen von ISO 9001, in Abschnitt 8.7.1, Punkte a) bis d), konform umzusetzen, bietet uns der Leitfaden ISO/TS 9002 die folgenden Möglichkeiten zur Steuerung nichtkonformer Ergebnisse an:
- Behebung der Mängel durch Reparatur oder Nachbesserung (z.B. falls ein Lieferservice die falsche Mahlzeit zubereitet hat, muss die Bereitstellung der richtigen Mahlzeit vor der Auslieferung erfolgen);
- Im Fall der Aussonderung, Sperrung, Rückgabe oder des Lieferstopps von Produkten und Dienstleistungen sollten die Organisationen sicherstellen, dass die Produkte und Dienstleistungen eindeutig identifiziert werden können, um zu verhindern, dass doch fehlerhafte Ergebnisse versehentlich an den Kunden geliefert werden (Etikett oder separater Lagerort).
- Eine Information des Kunden sollte je nach Schwere des Fehlers erfolgen, damit der Kunde Maßnahmen ergreifen kann, falls die fehlerhaften Produkte bereits geliefert wurden, oder um die Organisation darüber zu informieren, welche Maßnahmen erforderlich sind.
- Einholung einer Genehmigung zur Freigabe z.B. von einer autorisierten Person in der Organisation, wie z.B. einem Ingenieur oder Vorgesetzten, oder vom Kunden selbst.
Wenn ein fehlerhaftes Ergebnis korrigiert wurde, muss die Wirkung der Maßnahmen überprüft werden. Dies kann die Überprüfung eines korrigierte Produkts oder die Überprüfung der Dienstleistung nach einer Korrektur eines Dienstleistungsprozesses beinhalten. Hat die Bewertung der Problemsituation ergeben, dass sich der Fehler wiederholen könnte, sollten die Anforderungen an Korrekturmaßnahmen angepasst werden.
Achtung, bei der Beteiligung des Kunden am Leistungsprozess
Bei Leistungserbringungsprozessen, an denen der Kunde direkt beteiligt ist, kann es sein, dass Fehler erst während der Erbringung der Dienstleistung oder unmittelbar danach erkannt werden kann. Auch in diesem Fall ist die Steuerung nichtkonformer Ergebnisse erforderlich, indem z.B. die Dienstleistung erneut erbracht wird, um unbeabsichtigte Ergebnisse zu korrigieren oder der Kunde eine Entschädigung enthält.
Video: Was ist die ISO 9001
Video: High Level Structure ISO 9001
Bei der Produktfreigabe und Steuerung nicht konformer Ergebnisse ist nach ISO 9001 eine dokumentierte Information erforderlich
Kommt es zu fehlerhaften Ergebnissen in einem wertschöpfenden Prozess, müssen bestimmte Informationen dokumentiert werden. Der Leitfaden ISO/TS 9002 weist auf die nachfolgenden Umfänge hin, die in jedem Fall aufgezeichnet und aufbewahrt werden müssen:
- Detaillierte Beschreibung der fehlerhaften Ergebnisse auf allen Stufen der Produktion bzw. der Dienstleistungserbringung;
- Die konkreten Maßnahmen, welche zur Behebung von Fehlern getroffen wurden;
- Die Personen, die die Entscheidung zur erneuten Freigabe von fehlerhaften Produkten oder Dienstleistungen getroffen haben.
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Dokumentierte Information muss nicht zwingend in Papierform vorliegen
Beispiele für eine normkonforme dokumentierte Information im Fall von fehlerhaften Ergebnissen können sein:
- Datenbankinhalte mit Informationen über fehlerhafte Ereignisse.
- Ausgefüllte Formulare, die mit dem Produkt oder der Dienstleistung aufbewahrt werden.
- Eine (Produktions-)Planungssoftware, die Informationen über die Bereitstellung der Produkte oder Dienstleistungen speichert
- Mobile Anwendung, wie zum Beispiel Tablets, die im Prozess verwendet werden.
Die Aufbewahrung dieser dokumentierten Informationen ist kein Selbstzweck. Vielmehr kann diese dazu beitragen, dass Informationen ausgetauscht werden können und Analysen stattfinden können, um Verbesserungen durchzuführen, Beispiele hierfür sind:
- Optimierung der Abläufe in Prozess- oder Verfahrensanweisungen;
- Korrektur von Arbeitsanweisungen;
- Die dokumentierte Information kann an relevante Personen sowohl in der Organisation als auch extern weitergeben werden (siehe ISO 9001, Absatz 8.2.1)
Die Organisation sollte sicherstellen, dass die aufbewahrten dokumentierten Informationen Angaben über die folgenden, die Nichtkonformität betreffenden Aspekte enthalten:
- Ergriffene Maßnahmen zur Korrektur oder Milderung der Probleme;
- Vereinbarungen mit dem Kunden über etwaige Zugeständnisse (z.B. Vereinbarung mit dem Kunden, dass das Produkt oder die Dienstleistung trotz der Nichtkonformität mit gewissen Einschränkungen verwendet werden kann).
In nicht wenigen Fällen erweist sich die dokumentierte Information als Rettungsanker, wenn es um die Fragen der vertraglichen Haftung geht. Abhängig von der Vertragsart (Liefervertrag, Werkvertrag, Dienstvertrag, Mischformen) und dem Leistungsgegenstand lassen sich nicht gerechtfertigte Forderungen des Kunden nur dann abwenden, wenn getroffene Vereinbarungen später auch schriftlich nachvollziehbar sind.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen bei der Umsetzung,
Ihr Reinhold Kaim
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