Fluch der Statistik
In jedem Six Sigma Training kommt irgendwann der Punkt, wo der Elefant das Wasser lässt. Das ist der Übergang von den soft Tools, den grafischen Methoden und der recht übersichtlichen beschreibenden Statistik zu der für die meisten Teilnehmer neuen Welt der schließenden – oder wenn man ’nen prominenten Auftritt haben will – inferentiellen bzw. induktiven Statistik.
Damit dieser Übergang nicht ganz so weh tut, versuchen viele Trainer ihn etwas abzumildern, indem Sie einfache Beispiele aus der Wahrscheinlichkeitslehre heranziehen, die ein jeder so aus dem Alltag ganz gut kennt – Würfelspiel, Lottozahlen etc.
Was ist eigentlich Wahrscheinlichkeit?
Na, sie ist vielleicht ein Produkt menschlicher Bemühungen, Ereignisse in der Zukunft vorherzusagen. Oder sie soll einem eine Vorstellung über den Grad der Sicherheit vermitteln, mit der ein Ereignis auftritt. Jeder hat ein ganz gutes Gefühl dabei, zu behaupten, die Wahrscheinlichkeit, eine 6 zu würfeln ist größer als die, beim Lottospielen 3 Richtige zu tippen. Aber diese Wahrscheinlichkeiten dann auch noch exakt auszurechnen – da tut man sich dann doch verdammt schwer! Helfen können dabei sicherlich bestimmte statistische Verteilungsmodelle – das der Normalverteilung haben die Teilnehmer in den ersten Trainingstagen schon ganz gut verdaut – jetzt kommen noch so komische Begriffe wie Binomial-, Poisson- oder gar Hypergeometrische Verteilung hinzu.
Verteilungsmodelle – das der Normalverteilung haben die Teilnehmer in den ersten Trainingstagen schon ganz gut verdaut – jetzt kommen noch so komische Begriffe wie Binomial-, Poisson- oder gar Hypergeometrische Verteilung hinzu. Da geht’s dann nicht mehr um so genannte stetige Daten sondern um diskrete Daten – das sind allerdings nicht Daten, über die man nicht spricht – nein, bei denen kann man letztlich nur keine Kommazahlen bilden. Die Hypergeometrische Verteilung kann z.B. verwendet werden, wenn es darum geht, bei der Ziehung 6 aus 49 die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass man 6 Richtige erhält – na ja, wenn man dann sieht, dass diese nur bei 1:14.000.000 liegt, wird man sie höchstwahrscheinlich gleich wieder vergessen und sofort überlegen, ob man sein Geld nicht für andere Dinge aus dem Fenster schmeißen kann!
Hierbei geht es also um die Situation „Ziehen ohne Zurücklegen“ – das Thema „Ziehen mit Zurücklegen“ wird besser durch die Binomialverteilung abgedeckt, bei der auch die Wahrscheinlichkeit zweier Zustände im Endergebnis Im Vordergrund steht. Z.B. interessiert beim Würfelspiel oft die Wahrscheinlichkeit, dass eine 6 (= Treffer) oder halt keine 6 (= Niete) fällt – na ja, 1/6 für den Fall 1 werden die meisten sagen , richtig. Und dass bei zwei Würfen eine 6 fällt , na ja, 1/6 +1/6 = 2/6.
Und bei 3 Würfen – halt 3/6.
Und bei 6 Würfen – müsste die Chance ja dann 6/6 = 100 % sein, dass ich eine 6 erhalte – komischerweise habe ich vom Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Spielen aber noch allzugut in Erinnerung, dass ich oft mehr als 20x hintereinander keine 6 erlebt habe – ja, hier spielen uns leider der Zufall, v.a. aber eine falsche Berechnungsgrundlage einen Streich !
Die Binomial-Verteilung passt auch sehr gut zum Münzwurf, v.a. dann, wenn es einen nicht schlafen lässt zu wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass bei 10maligem Hochwerfen einer (betont) fairen Euro-Münze, 8 x Zahl fällt. Wenn es dann tatsächlich passiert, kann es sich dann überhaupt um eine faire Münze handeln? Welches Restrisiko habe ich, dass ich mich irre?
Den Charakter der Binomialverteilung kann man im Training auch sehr schön und attraktiv mit der Quincunx-Übung (der was?) simulieren. Hierbei werden durch das Galtonsche-Brett (sieht aus, wie ein Einstiegsmodell für Fakire oder ein Spielhallen-Flipper für Arme) eine Menge Kugeln über einen Trichter in ein (sehr wohl geordnetes) Labyrinth mehrerer Nagelreihen geschickt, die dann in darunterliegende Boxen tatsächlich binomialverteilt einparken; obwohl die meisten Teilnehmer bei Nachfrage – aufgrund der augenscheinlichen Symmetrie – erstmal eine Normalverteilung vermuten.
Ja, die ist uns ja sowieso am liebsten, halt mal ’nen bisschen spitzer und schlanker oder ’nen bisschen plumper und breiter – aber immer eingipflig und symmetrisch, da kann man sich drauf verlassen (was man von anderen Verteilungen leider so nicht behaupten kann).
Der Intelligenzquotient der deutschen Bevölkerung ist übrigens normalverteilt mit einem Mittelwert von 100 und einer Standardabweichung von 15. Damit liegen ca. 2/3 der Bevölkerung zwischen einem IQ von 85 und 115, etwas mehr als 95 % zwischen einem IQ von 70 und 130. Das trifft übrigens auf Männlein und Weiblein gleichermaßen zu. Jedoch fällt auf, dass die Verteilung in den Randbereichen davon abweicht. Unter den ganz Schlauen mit IQ > 130 liegen deutlich mehr Männer als Frauen – bei den etwas Unbedarften auf der anderen Seite allerdings auch. Tja, ein Leben am Rande der Normalverteilung – es kann so unterschiedlich sein!
2 Comments
Hallo Herr Jungheim,
Ihre Art und Weise was rüber zu bringen faziniert misch immer noch.
Ihr Artikel finde ich spitze um jemanden der von Statistik nur angst hat, diese im weckzu nehmen!!!
Danke dafür und netter Gruss aus Baden,
Luc Burgard
Ihre Art und Weise was rüber zu bringen faziniert misch immer noch.Ihr Artikel finde ich spitze um jemanden der von Statistik nur angst hat, diese im weckzu nehmen!!!Danke dafür und netter Gruss aus Baden,Luc Burgard
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