Revision ISO 9001 – die Verlagerung der Schwerpunkte in der QM-Dokumentation und die neue dokumentierte Information – ISO 9001 Serie Teil 3
In vielen Organisationen übersteigt der Umfang der QM-Dokumentation im Allgemeinen deutlich den wirklichen Bedarf. Die Ursache dafür liegt häufig in der Strategie: „Wir müssen alles was wir tun beschreiben, um das Zertifikat zu bekommen“. Aus diesem Verständnis heraus sind viele „Papiertiger“ entstanden, die der Idee des Qualitätsmanagements gravierend geschadet haben, da ein QM-System auf das beschriebene Papier reduziert wurde. Die ISO (International Organization for Standardization) hat dies erkannt und korrigiert mit der aktuellen Revision ISO 9001 : 2015 diesen und weitere Schwachpunkte unter Anderem durch die „dokumentierte Information“. Die neue Devise lautet: „Erstellung der QM-Dokumentation in einem nützlichen Umfang. Welche Dokumente für die Organisation nützlich sind, kann diese nun in sehr weitem Umfang selbst entscheiden. Keine größere Freizügigkeit zeigt die Norm jedoch bei der Führung von Nachweisen. Hier muss die Organisation, wie bisher in der DIN EN ISO 9001 : 2008 vorgegeben, dezidierte Nachweise für die erbrachte Qualität führen.
Unsere ISO 9001:2015 Serie zu den strukturellen und normativen Änderungen:
Festlegung des Anwendungsbereichs Ihres
Qualitätsmanagementsystems wissen
Teil 2: Prozessorientiertes Risikomanagement – schaffen
Sie neue Denkmuster und erfüllen Sie die
Anforderungen der ISO 9001
Teil 3: Revision ISO 9001:2015 – die Verlagerung der
Schwerpunkte in der QM-Dokumentation und die
neue dokumentierte Information
Teil 4: Leiten und Planen im Qualitätsmanagement gem.
Revision ISO 9001 – so wird die oberste
Leitung nun stärker in die Pflicht genommen
ISO 9001 – Diese Bedeutung haben QM
Grundsätze für Ihr Qualitätsmanagementsystem
Teil 6: Outsourcing, Lieferanten und Beschaffung – wie Sie
externe Bereitstellungen gem. den ISO 9001
Anforderungen regeln
Teil 7: Machen Sie Ihren Wertschöpfungsprozess fit für die
Anforderungen der revidierten ISO 9001
Teil 8: Die Ressource Wissen – stellen Sie die Kenntnisse für
geregelten Informationsaustausch im QM sicher
Teil 9: Umstellung des QMS auf die ISO 9001 – wie Sie
die „Planung von Änderungen“ in Angriff nehmen
Lesen Sie auch:
ISO 9001 Serie mit Tipps und Tricks zur praktischen Umsetzung.
Die Gemeinsamkeit in der QM-Dokumentation lautet „dokumentierte Information“
In der DIN EN ISO 9001 : 2008 wird im Abschnitt 4 in Bezug auf die QM-Dokumentation von Dokumenten (4.2.3 Lenkung von Dokumenten) und von Aufzeichnungen (4.2.4 Lenkung von Aufzeichnungen) gesprochen. Die beiden Begriffe erzeugten nicht selten Konfusion, da das „Dokument“ in der Umgangssprache eine umfassendere Bedeutung hat:
1. Amt: behördliches Schriftstück;
2. Recht: beweisträchtiges Material, Belegstück;
3. Informatik: einheitlich gespeicherte, zusammengehörende Daten;
4. Geschichte, Literatur: wichtiger Beleg bzw. wichtiges Zeugnis.
(Quelle: Wiktionary)
Video: High Level Structure ISO 9001
Video: Ablauf einer ISO 9001 Zertifizierung
Dokumente der Kategorie 2 ordnet die DIN EN ISO 9001 : 2008 in der QM-Dokumentation eindeutig den Aufzeichnungen zu, da es sich dabei um Nachweise handelt (Aufzeichnungen sind Nachweisdokumente). Dieser Problematik begegnet die revidierte DIN EN ISO 9001 : 2015 nun mit dem neuen Begriff „dokumentierte Information“. Dieser Begriff umfasst nun die bisher verwendete Terminologie der DIN EN ISO 9001 : 2008, wie z. B. „Dokument“, „Qualitätsmanagementhandbuch“, „dokumentierte Verfahren“, „Qualitätsmanagementplan“ sowie die „Aufzeichnungen“. An Stellen, die ausschließlich auf „Informationen“ verweisen, wie im Abschnitt 4.1 (Informationen über externe und interne Themen), sind keine Anforderungen erkennbar, dass diese Informationen in der QM-Dokumentation ISO 9001 : 2015 zu erfassen sind. Mit diesen Klarstellungen ist die Terminologie der QM-Dokumentation ISO 9001 nun auch an die Begrifflichkeiten von weiteren Normen zu Managementsystemen angepasst, die mit dem Annex SL (ISO Guide 83) und der darin festgelegten „High Level Structure“ (HLS) Einzug hielten.
Ausbildung:
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Auch die ISO 9001 : 2015 betrachtet die dokumentierte Information differenziert
Finden wir nun eine Anforderung in der QM-Dokumentation ISO 9001 : 2015 – dokumentierte Information an selbige, so wird diese Anforderung immer wie folgt präzisiert:
- Geht es der Norm um dokumentierte Vorgaben (bisher 4.2.3 = Dokument), wird
vom „Aufrechterhalten der dokumentierten Information“ gesprochen. - Werden jedoch Nachweise verlangt (bisher 4.2.4 = Aufzeichnung), wird dies als
eine Anforderung zur „Aufbewahrung dokumentierter Information“ bezeichnet.
Die dokumentierte Information im Rahmen der QM-Dokumentation aufrechtzuerhalten hat zum Ziel, ggf. erforderliche Vorgaben für die Durchführung von Tätigkeiten in entsprechenden Prozessen zur Verfügung zu stellen. Die DIN EN ISO 9001 : 2015 weist darauf hin, dass die Anforderung zur „Aufrechterhaltung“ eines Dokuments, indem dies zum Beispiel an einem Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird, nicht ausschließt, alte Versionen dieses Dokuments aus einem bestimmten Grund auch aufzubewahren. Ein plausibler Grund für diese Vorgehensweise könnte die Sicherstellung einer Rückverfolgbarkeit auf frühere Vorgehensweisen sein.
Video: Aufgaben des Qualitätsmanagementbeauftragten
Video: Kosten einer ISO 9001 Zertifizierung
QM-Dokumentation ISO 9001 : 2015 – Das neue „Prinzip Selbstverantwortung“
Wie im Intro bereits angedeutet, lockert die DIN EN ISO 9001 : 2015 die (formellen) Anforderungen an die bisherigen Vorgabedokumente (aufrechtzuerhaltende, dokumentierte Information). Der Anwender der Norm, insbesondere die Führungskräfte, werden nun in die Pflicht genommen, die für die Sicherstellung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems erforderlichen schriftlichen Vorgaben für die QM-Dokumentation ISO 9001 : 2015 selbst festzulegen. Die Forderungen nach einem Qualitätsmanagementhandbuch und nach den sechs zu dokumentierenden Verfahren gehören somit der Vergangenheit an. Der risikobasierte Ansatz fordert zum Beispiel vom Unternehmen bei der Planung des Qualitätsmanagementsystems und Bestimmung des Umfangs an dokumentierter Information dort aktiv zu werden, wo (unter Beachtung des Kontextes) relevante Risiken und Chancen lauern. Die Aufrechterhaltung und speziell die Aufbewahrung dokumentierter Information zur wirksamen Umsetzung der Prozesse kann den entlastenden Nachweis bieten, ein rechtskonformes Unternehmen zu sein. Dies ist auch der Grund, weshalb die Norm bei den Nachweisdokumenten (Aufbewahrung dokumentierte Information) keine Abstriche zulässt. Die detaillierten Forderungen zur dokumentierten Information in der neuen ISO 9001 : 2015 mit der Zuordnung zu den Normabschnitten finden Sie in den beiden folgenden Tabellen.
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Diese Anforderung stellt die Norm an die dokumentierte Information
Die Anforderungen der DIN EN ISO 9001 : 2015 zur Handhabung der dokumentierten Information sind im Abschnitt 7.5 zu finden und entsprechen im Wesentlichen denen der DIN EN ISO 9001 : 2008, sind jedoch neu gegliedert:
- 7.5.1 Allgemeines,
- 7.5.2 Erstellen und Aktualisieren,
- 7.5.3 Lenkung dokumentierter Information.
Der Abschnitt 7.5.1 „Allgemeines“ stellt klar, dass ein Qualitätsmanagementsystem ISO 9001 : 2015 die nachfolgende dokumentierte Information beinhalten muss:
- die von der Norm geforderte (siehe Tabelle),
- solche, die die Organisation als notwendig für die Wirksamkeit des QM-Systems bestimmt hat.
Der Abschnitt 7.5.2 „Erstellen und Aktualisieren“ bezieht sich im Wesentlichen auf die aufrechtzuerhaltende, dokumentierte Information und fordert für die Erstellung und Aktualisierung, dass diese:
- angemessen gekennzeichnet und benannt wird (z. B. Titel, Nr., Datum, …),
- in einem angemessenen Format bzw. Informationsträger erstellt wird (z. B. Papier, EDV, Sprache, …),
- in Bezug auf deren Angemessenheit und Eignung überprüft wird.
Der Abschnitt 7.5.3 „Lenkung dokumentierter Information“ umfasst alle Arten dokumentierter Information (auch solche externer Herkunft) und fordert unter 7.5.3.1 deren zeitliche und räumliche Verfügbarkeit, wo diese benötigt wird sowie einen angemessenen Schutz (z. B. vor Verlust der Vertraulichkeit, Integrität). Unter 7.5.3.2 fordert die Norm, dass die Nutzung (Verteilung, Zugriff, Auffindung), die Ablage bzw. Speicherung zum Erhalt der Lesbarkeit, die Änderungsüberwachung (Versionen) und die Aufbewahrung (Archivierung) bei der Lenkung berücksichtigt werden müssen. Um die Eindeutigkeit zu gewährleisten (damit auch die Rechtssicherheit!), fordert die Norm, dass die als Nachweis aufbewahrte, dokumentierte Information vor unbeabsichtigten Änderungen geschützt werden muss.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Gelingen.
Ihr Reinhold Kaim
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