Die Ressource Wissen – stellen Sie die Kenntnisse für einen geregelten Informationsaustausch im Qualitätsmanagement sicher – ISO 9001 Serie Teil 8
Wissen + Kommunikation = Information. Diese Formel bezeichnet die Idee der ISO 9001:2015, dass sich moderne Organisationen in einem permanenten Entwicklungsprozess befinden und deshalb das Wissen, welches für die Durchführung der Prozesse erforderlich ist, aufrechterhalten und intern verteilen müssen (Informationsaustausch). Falls Sie möchten, könnten Sie die nachfolgende Gleichung direkt anschließen: Information + Praxiserfahrung = Kompetenz. Organisationen, die darüber hinaus den zweiten Teil der Gleichung anwenden und ihren Mitarbeitern diese Türen öffnen, werden im Prinzip unschlagbar. Doch die Grundlage ist ein geregelter Umgang mit der organisationsspezifisch relevanten Ressource Wissen, und dass dieses den Personen mittels Kommunikationsprozessen im erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt wird. Lesen Sie im Folgenden, wie es gelingen kann, die Ressource Wissen systematisch in das Qualitätsmanagement ISO 9001:2015 zu integrieren und durch eine angemessene Kommunikation mit Informationsaustausch die Kompetenz der Mitarbeiter sicherzustellen.
Unsere ISO 9001 Serie zu den strukturellen und normativen Änderungen:
Festlegung des Anwendungsbereichs Ihres
Qualitätsmanagementsystems wissen
Teil 2: Prozessorientiertes Risikomanagement – schaffen
Sie neue Denkmuster und erfüllen Sie die
Anforderungen der ISO 9001
Teil 3: Revision ISO 9001 – die Verlagerung der
Schwerpunkte in der QM-Dokumentation und die
neue dokumentierte Information
Teil 4: Leiten und Planen im Qualitätsmanagement gem.
Revision ISO 9001 – so wird die oberste
Leitung nun stärker in die Pflicht genommen
ISO 9001 – Diese Bedeutung haben QM
Grundsätze für Ihr Qualitätsmanagementsystem
Teil 6: Outsourcing, Lieferanten und Beschaffung – wie Sie
externe Bereitstellungen gem. den ISO 9001
Anforderungen regeln
Teil 7: Machen Sie Ihren Wertschöpfungsprozess fit für die
Anforderungen der revidierten ISO 9001
Teil 8: Die Ressource Wissen – stellen Sie die Kenntnisse für
geregelten Informationsaustausch im QM sicher
Teil 9: Umstellung des QMS auf die ISO 9001 – wie Sie
die „Planung von Änderungen“ in Angriff nehmen
Lesen Sie auch:
ISO 9001 Serie mit Tipps und Tricks zur praktischen Umsetzung
Sichern Sie die Ressource Wissen durch einen funktionierenden Informationsaustausch
Warum nehmen immer noch zu viele Entscheider und Führungskräfte das Thema Wissenssicherung und Informationsaustausch auf die leichte Schulter? Die Antwort ist relativ einfach: Es wird viel zu selten hinterfragt, ob und wie der Wissensabfluss und fehlerhafter Informationsaustausch mit dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zusammenhängt. Neuere Erhebungen bringen jedoch greifbare Fakten auf den Tisch, aus denen sich ein dringender Handlungsbedarf ableiten lässt. Die 2012er Studie „Fachkräftemangel und Know-how-Sicherung in der IT-Wirtschaft“ des Fraunhofer IAO und Bitkom hat gezeigt, dass trotz aktuell guter Geschäftsentwicklung vor allem das Wissen in mittelständischen Firmen verloren geht. So gäben 64 Prozent der Befragten an, dass sie einen Kompetenzverlust erleiden, weil Fachleute aus Karriere- oder Altersgründen das Unternehmen verlassen. 45 Prozent der Betriebe gäben an, dass ihre Mitarbeiter infolge knapper Personalressourcen überlastet sind. 26 Prozent müssten deswegen Aufträge ablehnen, neun Prozent könnten Projekte nicht zu Ende führen, und bei acht Prozent seien Kunden deshalb abgewandert.
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Dies fordert die Qualitätsmanagement Norm im Umgang mit der Ressource Wissen
Laut Qualitätsmanagement Norm DIN EN ISO 9001:2015 „muss die Organisation das Wissen bestimmen, das benötigt wird, um ihre Prozesse durchzuführen und um die Konformität von Produkten und Dienstleistungen zu erreichen. Dieses Wissen muss aufrechterhalten und in ausreichendem Umfang vermittelt werden. Beim Umgang mit sich ändernden Erfordernissen und Entwicklungstendenzen muss die Organisation ihr momentanes Wissen berücksichtigen und bestimmen, auf welche Weise jegliches notwendiges Zusatzwissen und erforderliche Aktualisierungen erlangt oder darauf zugegriffen werden kann“. In zugeordneten Anmerkungen wird darauf hingewiesen, dass die Ressource Wissen immer organisationsspezifisch ist und es werden beispielhaft interne und externe Quellen genannt, welche typischerweise die Basis des Wissens darstellen könnten.
Video: High Level Structure ISO 9001
Video: Ablauf einer ISO 9001 Zertifizierung
Was bedeuten die ISO 9001:2015 Forderungen für die betriebliche Praxis?
Um den Schritt von den noch abstrakten Forderungen der Qualitätsmanagement Norm ISO 9001 – dem „Was“ bzgl. Informationsaustausch – zu den Möglichkeiten der operativen Umsetzung – dem „Wie“ – tun zu können, müssen wir die Konsequenzen für die Organisation näher betrachten:
Wissen erzeugen
Um die sich ändernden Anforderungen zu erfassen, muss das vorhandene Wissen regelmäßig mit Blick auf die Unternehmensstrategie (bezogen auf den Kontext) bewertet werden. Veraltetes Wissen ist auszusondern und erforderliches Zusatzwissen ist aus externen Quellen zu beschaffen und in die Organisation zu überführen.
Wissen speichern
Die Aufrechterhaltung des Prozess- und Produktwissens erfordert die Sicherstellung der Aktualität des Wissens. Weiterhin muss der unerwünschte Abfluss von relevantem Wissen aus der Organisation verhindert werden.
Wissen verteilen
Für die Durchführung der Prozesse erforderliches Prozesswissen zur Beherrschung von Methoden, Technologien, Maschinen, sollte den Mitarbeitern im Informationsaustausch kommuniziert werden, d. h. zum Beispiel als dokumentierte Information zur Verfügung stehen.
Wissen anwenden
Damit das Wissen in ausreichendem Umfang vermittelt wird, ist die vorhandene Information durch geeignete Transferformen in Kompetenz zu überführen.
In der betrieblichen Praxis sind nun unterschiedliche Methoden und Instrumente nutzbar, um den Umgang mit der Ressource Wissen im Unternehmen und den Informationsaustausch systematisch zu gestalten. Die ISO 9001 benutzt jedoch mit keiner Silbe die Begriffe Wissensmanagement bzw. Wissensmanagementsystem.
Informationsaustausch – Diese Methoden und Instrumente sollten Sie nutzen
Der operative Umgang mit der Ressource Wissen zur Durchführung der Prozesse ist inzwischen ein anerkannter Aspekt zur Unterstützung des betrieblichen Managements. Unabhängig von der Art des Unternehmens erstrecken sich die Herausforderungen im Informationsaustausch auf ähnliche Handlungsfelder:
- Systematische Auswertung und Weiterentwicklung der Ressource Wissen.
- Überblick über das vorhandene Wissen schaffen und einen schnellen Zugriff ermöglichen.
- Weitergabe von Wissen an vorhandene und neue Mitarbeiter systematisieren (Wissensabfluss verhindern /
Informationsaustausch). - Mit Wissen effizient umgehen und das Wissen in den Geschäftsprozessen bedarfsgerecht zur Verfügung stellen
(Informationsaustausch).
Ausbildung: In der Ausbildung Basiswissen Qualitätsmanagement ISO 9001 erlangen Sie fundierte Kenntnisse über die ISO 9001 und lernen, wie Sie deren Anforderungen in Ihrem Qualitätsmanagementsystem umsetzen.
E-Learning Kurs: Alternativ können Sie diese Schulung auch online als E-Learning Kurs durchführen. Sparen Sie Zeit und lernen Sie in Ihrem optimalen Tempo. Werfen Sie hier direkt einen Blick in den kostenlosen Demokurs!
Auswertung und Weiterentwicklung der Wissensressource
Für die strategische Entwicklung der Ressource Wissen des Unternehmens sollten die folgenden relevanten Wissensfelder betrachtet werden:
- Welches Wissen haben wir über unsere aktuellen und potenziellen Kunden?
- Was wissen wir über mögliche strategische Partner?
- Wie aktuell und vollständig ist das Wissen über unsere Produktarten?
- Welches Wissen über Normen und Gesetze ist zwingend notwendig?
- Was wissen wir über unseren Markt und die dort aktiven Wettbewerber?
Zur Ermittlung und Aktualisierung dieser Ressource Wissen bieten sich moderierte Workshops unter Einbeziehung der Arbeitsbereiche, Kunden oder Partner usw. an. Dem Wissenserwerb und Informationsaustausch durch das Lernen aus Erfolgen und Fehlern kommt in den Unternehmen eine bedeutende Rolle zu. Die Überwachung und Messung von Prozessen, deren Bewertung und die Ableitung von Maßnahmen ist für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Organisation, auch in puncto Wissen, unerlässlich.
Video: Aufgaben des Qualitätsmanagementbeauftragten
Video: Kosten einer ISO 9001 Zertifizierung
Überblick über das Wissen schaffen und Zugang ermöglichen
Wissen, das formuliert werden kann, kann auch gespeichert werden. Es lässt sich in Wissensspeichern „konservieren“. Dies sind z. B. Datenbanken, dokumentierte Information im Qualitätsmanagementsystem, Memos und Rundschreiben usw. In diesem Zusammenhang ist auf eine systematische Dateiablage durch gemeinsam abgestimmte Ordnerstrukturen zu achten. Noch nicht in „physikalischen“ Speichern dokumentiertes Wissen ist als „implizites Wissen“ in den Köpfen der Mitarbeiter verfügbar. Um auch dieses Wissen systematisch nutzbar zu machen, bieten sich Methoden zur Identifikation der Wissensträger an. In einer „Wissensmatrix“ oder „Liste der Wissensträger“ wird eingetragen, wer welches Wissen in welchem Umfang besitzt und als Wissensgeber zur Verfügung steht.
Weitergabe der Ressource Wissen an Mitarbeiter systematisieren
Nach der Ermittlung, wer im Unternehmen welchen konkreten Schulungsbedarf hat, gibt die Wissensmatrix Auskunft, wer im Unternehmen dieses Wissen zum Informationsaustausch bereitstellen kann. Die Methoden zur Übermittlung der Ressource Wissen von „Kopf zu Kopf“, dem Informationsaustausch, durch Erklären, Beschreiben und vor allem auch Zeigen sind vielfältig. Beispiele sind:
- Patenschaften
Ältere Mitarbeiter arbeiten jüngere Mitarbeiter systematisch ein. - Tandemmodelle
Es arbeiten grundsätzlich immer ältere und jüngere Mitarbeiter in gemischten Teams zusammen. - Kommunikationsräume
Erfahrene Mitarbeiter erzählen ihre „Erfahrungsgeschichten“ weiter.
Mit diesen Methoden verhindern Sie wirksam den Verlust der Ressource Wissen, z. B. durch Mitarbeiterfluktuation oder Ruhestand.
Ausbildung: Lernen Sie mit der Ausbildung Qualitätsmanagementbeauftragter ISO 9001 die Rolle des Qualitätsmanagementbeauftragten kennen und erfahren Sie wie Sie diesen Anforderungen gerecht werden.
Experten-Tipp: Verknüpfen Sie den Umgang mit Wissen und die Kommunikationsplanung im Qualitätsmanagementsystem
Denken Sie daran, die relevanten Elemente im Umgang mit Wissen im Rahmen der internen und externen Kommunikation zu berücksichtigen. Die DIN EN ISO 9001:2015 fordert unter 7.4 die Bestimmung
- worüber kommuniziert wird,
- wann kommuniziert wird,
- mit wem kommuniziert wird,
- wie kommuniziert wird,
- wer kommuniziert.
Effizienter mit Wissen umgehen und Wissen zur Verfügung stellen
Die auch in allen früheren Fassungen der Norm Qualitätsmanagement ISO 9001 geforderte Methode, die Ressource Wissen zur Verfügung zu stellen und den Informationsaustausch zu sichern, wird in der neuen Norm im Absatz 7.5.3 mit „Lenkung dokumentierter Information“ betitelt. Darin wird gefordert, dass Vorgabedokumente zum geeigneten Zeitpunkt an dem Ort sein müssen, wo diese (mit dem darin enthaltenen Wissen) benötigt werden. Die Art und Weise der Lenkung vom Informationsaustausch kann gegenüber dem früheren, meist papiergebundenen Vorgehen, auch in elektronischer Form erfolgen. Neuere Methoden, wie z. B. Wikis, beziehen in „kollektiver“ Weise alle Mitarbeiter bei der Erstellung und Pflege der Dokumente, sprich der Ressource Wissen, mit ein. Nachfolgend werden diese und weitere Methoden erläutert:
- Wikis sind Content-Managementsysteme, mit deren Hilfe Wissen gesammelt und versionsgesichert aktualisiert werden kann.
Sie unterstützen den fachlichen Austausch der Nutzer über entstehende Inhalte, ähnlich wie dies auch bei Diskussionsforen
der Fall ist. - Eine unmittelbare Kommunikation und Interaktion im Unternehmen ist auch mittels sogenannter Firmen-Blogs als
Diskussions- und Kommunikationsplattform realisierbar. Blogs erzeugen einen hohen Vernetzungseffekt und
Verbreitungsgrad des Wissens. - Eine Methode aus dem analogen Zeitalter sind moderierte Workshops, um in Mitarbeiterteams Wissen im Betrieb zur
Verfügung zu stellen.
Achtung: Dies behindert in vielen Organisationen den Informationsaustausch
Die Nutzung der zuvor dargestellten Methoden zur Organisation und zum Informationsaustausch im Betriebsalltag erfolgt häufig nicht oder sehr unstrukturiert, unter anderem aus den folgenden Gründen:
- Vermeintlich mangelnde Zeit im Tagesgeschäft,
- Schwachstellen in der Informations- und Kommunikationsstruktur,
- unklare Unternehmensstrategie,
- fehlende Systematik beim Erkennen erfolgsrelevanter Wissensbereiche,
- ungenügende Einbindung der Mitarbeiter,
- Angst vieler Wissensträger, durch die Weitergabe ihres Wissens ersetzbar zu werden,
- Konflikte als Wissensbarrieren, da eine Bitte um Information als Zeichen von Inkompetenz interpretiert wird.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Ihr Reinhold Kaim
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