Arbeitsschutzmanagement ISO 45001

Wie funktioniert die betriebliche Planung und Steuerung arbeitsschutzrelevanter Abläufe nach ISO 45001?

Planung und Steuerung arbeitsschutzrelevanter Abläufe nach ISO 45001-BannerIm Abschnitt 8 „Betrieb“ der ISO 45001 geht es um die betriebliche Planung und Steuerung (8.1) sowie um die Notfallplanung und Reaktion (8.2). Unter „betriebliche Planung und Steuerung“ fällt in einem Arbeitsschutzmanagementsystem / Managementsystem für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (SGA-Managementsystem) die Planung und Steuerung arbeitsschutzrelevanter Abläufe, wobei auch das Änderungsmanagement und die Beschaffung zu berücksichtigen sind. Die Normanforderungen und ihre Interpretation hierzu sehen wir uns in diesem Teil unserer Serie über die ISO 45001 an, die Umsetzung im nächsten Teil.

Weitere spannende Beiträge zum Thema Arbeitsschutzmanagement:

(1) Eine kurze Einführung ins Arbeitsschutzmanagement – Das sollten Sie über die ISO 45001 wissen
(2) Sicherheit von Maschinen und Anlagen – Dies fordert die 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz ProdSG
(3) Sicherer Umgang mit Gefahrstoffen – diese Schutzmaßnahmen sind gemäß GefStoffV zu treffen


Welche Anforderungen stellt die ISO 45001 an die betriebliche Planung und Steuerung arbeitsschutzrelevanter Abläufe?

Unterabschnitt 8.1 der ISO 45001 fordert, dass Prozesse geplant und umgesetzt werden, um die Anforderungen des Arbeitsschutzmanagementsystem zu erfüllen und die Maßnahmen, die unter Abschnitt 6 der Norm geplant wurden, durchzuführen. Diese  Maßnahmen leiten im Wesentlichen aus der Gefährdungsbeurteilung, aus rechtlichen und anderen Verpflichtungen sowie den SGA-Zielen ab. Zur Planung und Umsetzung dieser Prozesse fordert die ISO 45001, dass:

  • Kriterien festgelegt,
  • die Prozesse in Übereinstimmung mit diesen Kriterien gesteuert werden,
  • dokumentierte Vorgabe- und Nachweisinformation „im notwendigen Umfang“ erstellt wird,
  • die Arbeit an die Beschäftigten angepasst wird.Arbeitsschutzrelevante Abläufe im SGA-Managementsystem

Wenn an den Arbeitsplätzen auch Fremdfirmen tätig sind, müssen die relevanten Teilprozesse mit diesen abgestimmt werden. Bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen ist die Maßnahmenhierarchie zu beachten:

  • Beseitigen der Gefahr,
  • Einführen weniger gefährlicher Arbeitsprozesse, -abläufe, -stoffe und -mittel,
  • technische Maßnahmen und Veränderungen der Arbeitsorganisation,
  • administrative Maßnahmen (u.a. Schulungen),
  • Einsatz geeigneter persönlicher Schutzausrüstungen (PSA).

Eine nationale Fußnote in der DIN ISO 45001 erläutert, dass diese Hierarchie „weitestgehend“ dem in § 4 Arb-SchG verankerten STOP-Prinzip (Substitution, technisch, organisatorisch, personell/PSA) entspricht. Die ISO 45001 fordert auch ein Änderungsmanagement: geplante Änderungen, die sich auf die SGA-Leistung auswirken, müssen gesteuert werden. Zu diesen Änderungen gehören neue oder geänderte Produkte oder Dienstleistungen sowie Arbeitsprozesse, Änderungen bei rechtlichen und anderen Verpflichtungen, Änderungen des Wissens oder der Informationen über Gefährdungen, SGA-Risiken und technologische Fortentwicklungen. Sind die Änderungen ungeplant („unbeabsichtigt“), müssen die Folgen beurteilt und geeignete Maßnahmen festgelegt werden, um negative Auswirkungen abzuschwächen.

Und last, but not least, gilt es, die Beschaffung zu berücksichtigen: Wenn für den Arbeitsschutz relevant, müssen Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen festgelegt werden. Es muss mit Fremdfirmen („Auftragnehmern“) zusammengearbeitet werden, wenn eine gegenseitige Gefährdung möglich ist oder wenn Dritte (z.B. Besucher) durch die Fremdfirmen gefährdet werden. Zudem müssen Kriterien für die Auswahl von Fremdfirmen festgelegt und angewendet werden und es muss sichergestellt werden, dass auch Fremdfirmen bzw. deren Beschäftigte die Anforderungen des Arbeitsschutzmanagementsystems erfüllen. Ausgegliederte Prozesse müssen in Übereinstimmung mit rechtlichen Verpflichtungen und anderen Anforderungen/den beabsichtigten Ergebnissen des Arbeitsschutzmanagementsystems gesteuert werden und es sind Art und Grad der Steuerung im SGA-Managementsystem festzulegen.


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Wie sind die ISO 45001 Anforderungen an die betriebliche Planung und Steuerung zu interpretieren?

Wie im Anhang A.8.1 ISO 45001 erläutert, geht es bei der betrieblichen Planung und Steuerung darum, Gefahren zu beseitigen und wenn dieses nicht möglich ist, SGA-Risiken auf ein angemessenes, niedriges Niveau zu verringern. Als Beispiele für die betriebliche Steuerung werden u.a. genannt:

  • vorbeugende/vorausschauende Instandhaltung,
  • Anwendung rechtlicher Anforderungen,
  • technische und organisatorische Maßnahmen,
  • Unterweisung neuer Beschäftigter,
  • Anwenden ergonomischer Grundsätze bei der Neu- oder Umgestaltung von Arbeitsplätzen usw.

Das dürfte kein Unternehmen, welches sich bereits mit Arbeitsschutz beschäftigt hat, überraschen: Es geht schlichtweg darum, dass die arbeitsschutzrelevanten Tätigkeiten im Unternehmen sicher und gesundheitsgerecht ausgeführt werden.

Ob die bestehenden Verfahren, Praktiken und Arbeitsmittel dafür ausreichen, wird in der Gefährdungsbeurteilung geprüft. Dort werden auch ggf. notwendige zusätzliche Schutzmaßnahmen festgelegt. In einer Gefährdungsbeurteilung sollte auch immer geprüft werden (Stichwort „normierte Schutzziele“), ob rechtliche Anforderungen eingehalten sind: trifft dies nicht zu, sind in jedem Fall Maßnahmen erforderlich, um die Einhaltung sicherzustellen. Auch die vorbeugende/vorausschauende Instandhaltung ist im Arbeitsschutzrecht (wenn auch nicht mit dieser Bezeichnung) gefordert: nach BetrSichV müssen in der Gefährdungsbeurteilung für alle Arbeitsmittel die notwendigen Prüfungen (einschl. ggf. Fristen für wiederkehrende Prüfungen) festgelegt werden. Auch Fremdfirmen sind zu berücksichtigen: bereits nach § 8 ArbSchG ist eine Zusammenarbeit gefordert, wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig werden. Und nicht zuletzt muss die Gefährdungsbeurteilung aktualisiert werden, wenn es sicherheitsrelevante Änderungen bei Tätigkeiten, Arbeitsstoffen oder Arbeitsmitteln gibt. Bei konsequenter Umsetzung dieser Anforderungen sind auch die Anforderungen an das Änderungsmanagement abgedeckt.

Ähnliches gilt für die Beschaffung: Bei Gefahrstoffen muss ohnehin nach GefStoffV im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, die vor dem Einsatz neuer Gefahrstoffe durchgeführt werden muss, eine Substitutionsprüfung (gibt es ungefährliche oder weniger gefährliche Alternativen?) durchgeführt werden; die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsmitteln sollte nach BetrSichV bereits vor der Beschaffung beginnen, um Anforderungen entsprechend des vorgesehenen Einsatzes festlegen zu können. Dieser Abschnitt zeigt daher die große Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung als zentrales Instrument im Arbeitsschutz: Wird diese ernst genommen, entsprechend der rechtlichen Anforderungen durchgeführt und bei sicherheitsrelevanten Änderungen sowie darüber hinaus in regelmäßigen Abständen (um neues Wissen widerzuspiegeln) aktualisiert und werden die festgelegten Maßnahmen auch umgesetzt, ist auch Unterabschnitt 8.1 ISO 45001 weitgehend erfüllt.


Welche spezifischen  Anforderungen stellt die ISO 45001 an die betriebliche Planung und Steuerung?

Ist auch Unterabschnitt 8.1 weitgehend erfüllt, so bleiben darüber hinaus eigentlich nur noch folgende spezifische Anforderungen:

Dokumentierte Information im „notwendigen Umfang“ aufrechterhalten und aufbewahren
(wie die beiden Verben zeigen, sind hier sowohl Vorgabe- als auch Nachweisdokumente gemeint): Wo sind zur Steuerung arbeitsschutzrelevanter Tätigkeiten schriftliche (oder in anderer Form dokumentierte) Vorgaben erforderlich? Wo sollten zum Nachweis der sicheren und gesundheitsgerechten Arbeit welche Aufzeichnungen angefertigt und wie lange sollten diese aufbewahrt werden? Die Entscheidung trifft das Unternehmen selbst, sollte sich aber darauf vorbereiten, die Entscheidung ggf. gegenüber einem nachfragenden Zertifizierungsauditor begründen zu können.

SGA-Kriterien für die Auswahl von Auftragnehmern:
Vor der Erteilung von Aufträgen an Fremdfirmen muss festgelegt werden, welche SGA-Kriterien bei der Auswahl zu berücksichtigen sind. In der DGUV Vorschrift 1 ist in § 5 „Vergabe von Aufträgen“ gefordert, dass bei bestimmten Aufträgen schriftlich festzuhalten ist, dass im Rahmen des Auftrags die „einschlägigen Anforderungen“ einzuhalten sind. Wenn diese Formulierung nicht einfach übernommen, sondern für den Auftrag konkretisiert wird – die Anforderungen also aufgeführt werden –, ist die Normanforderung erfüllt.

Steuerung ausgegliederter Prozesse:
Das Unternehmen muss auch sicherstellen, dass ausgegliederte Prozesse rechtskonform durchgeführt werden und mit den Anforderungen des Arbeitsschutzmanagementsystems / SGA-Managementsystem übereinstimmen. Für Fragen sorgt immerwieder die Abgrenzung von ausgegliederten Prozessen von Arbeiten, die Fremdfirmen durchführen. Die Definition des Verbs „ausgliedert“ in 3.29 ISO 45001 (eine Vereinbarung treffen, bei der eine externe Organisation einen Teil einer Funktion oder eines Prozesses wahrnimmt bzw. durchführt) hilft da nicht viel weiter, darunter würde auch die von einer Fremdfirma durchgeführte Instandhaltung fallen. Die ist aber nicht gemeint. Im Qualitätsmanagement spricht man bei ausgegliederten Prozessen gerne von „verlängerter Werkbank“, da nur ausgelagerte Wertschöpfungsprozesse unter den Begriff fallen. Es geht also um Produktherstellungs- oder Dienstleistungsschritte, die von Dritten ausgeführt werden. Dem Kunden ist es in der Regel egal, wer einen Arbeitsschritt ausgeführt hat, ihm gegenüber in der Verantwortung steht immer der Lieferant. Mit einem „Outsourcing“ soll man sich nicht um die Verantwortung (in unserem Fall für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, die in dem Prozess arbeiten) drücken können. Im Managementsystem sind Art und Grad der Steuerung ausgegliederter Funktionen und Prozesse festzulegen, dabei ist die Erfüllung rechtlicher Anforderungen und die der ISO 45001 sicherzustellen (siehe auch A.8.1.4 ISO 45001).


Experten Tipps zur Planung und Steuerung arbeitsschutzrelevanter Abläufe nach ISO 45001

Arbeitsschutzrelevante Abläufe:
Arbeitsschutzrelevante Abläufe sind nicht nur solche, die direkt mit den ermittelten wesentlichen Gefährdungen im Zusammenhang stehen, sondern auch indirekt: z.B. die Planung und Projektierung neuer Anlagen und Verfahren, die Einbindung der Fachkraft für Arbeitssicherheit, Beschaffung (von Arbeitsmitteln, Arbeitsstoffen, PSA, Dienstleister, …), Instandhaltung. Denken sollte man immer auch an „gefährliche Arbeiten“, wie Arbeiten mit Absturzgefahr, Feuerarbeiten, Arbeiten in engen Räumen etc.

Prozesse:
In der Norm ist von der Planung und Steuerung der arbeitsschutzrelevanten Prozesse die Rede. Ein Prozess ist (3.25 ISO 45001) ein „Satz zusammenhängender und sich gegenseitig beeinflussender Tätigkeiten, der Eingaben in Ergebnisse umwandelt“, wobei – im Unterschied etwa zur ISO 9001 – keine weiteren Anforderungen an die arbeitsschutzrelevanten Prozesse als eben deren Planung und Steuerung gestellt werden. Daher kann man, wenn das Unternehmen nicht ohnehin im Zusammenhang mit anderen Managementsystemen über ein Prozessmodell verfügt, den Begriff ruhig durch Tätigkeiten ersetzen: sind die arbeitsschutzrelevanten Tätigkeiten geplant und gesteuert, sind das die arbeitsschutzrelevanten Prozesse, die ja aus Tätigkeiten bestehen, auch. Gibt es jedoch ein Prozessmodell, sollte man die arbeitsschutzrelevanten Tätigkeiten Prozessen zuordnen, um dann ggf. die arbeitsschutzrelevanten Vorgaben in die bestehende Prozessdokumentation einzuarbeiten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Ihr Juergen Paeger


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