Gefährdungsbeurteilung Arbeitssicherheit – So integrieren Sie diese in Ihr QM-Prozedere
Bereits seit langem bildet die gesetzlich verankerte Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung ein Kernelement des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die gesetzliche Basis für die Gefährdungsbeurteilung finden Sie in den §§ 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), das für Betriebe aller Branchen und Größen gilt. Umso verwunderlicher, dass eine Betriebsrätebefragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) vor ca. 10 Jahren, die in 2177 gewerblichen Betrieben ab einer Beschäftigtenzahl von 20 durchgeführt wurde, ergab, dass die Gefährdungsbeurteilung durchschnittlich nur in etwa 50% der Betriebe umgesetzt war. Ähnliches ermittelten die hessischen Arbeitsschutzbehörden. 2 Jahre zuvor ergab deren Schwerpunktaktion, dass nur 41% von 872 aufgesuchten Betrieben eine den Anforderungen im Wesentlichen genügende Gefährdungsbeurteilung vorweisen konnten. Aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Thema Gefährdungsbeurteilung zeigen, dass der Gesetzgeber hier wenig Toleranz kennt.
Ohne vorhergehende Beurteilung keine Verbesserung
Wenn die Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz nicht ermittelt werden und somit offenkundig sind, kann der Mitarbeiter davor nicht geschützt werden. Kein Wunder also, dass eine der grundlegenden Aufgaben des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes darin besteht, die Arbeitsbedingungen zu beurteilen, d. h. mögliche Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten festzustellen. Ermittelte Gefahren können daraufhin durch Verbesserungsmaßnahmen abgestellt oder gemindert werden. Den Einen oder Anderen wird bei dieser Aussage vielleicht das Déjà-vu-Gefühl beschleichen, diese Situation schon einmal erlebt, gesehen oder geträumt zu haben. Hier kann schnell Entwarnung gegeben werden, dass hier keine pathologische Ursache in Form einer Neurose oder Psychose vorliegt: Die Ursache liegt in der Parallele zum Qualitätsmanagement, d. h. im Prozess der kontinuierlichen Verbesserung im Sinne des P-D-C-A-Zyklus.
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Die (Gesamt-)Verantwortung ist nicht delegierbar
Wie grundsätzlich im Arbeitsschutz, ist auch für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung der Arbeitgeber verantwortlich.
Diese Arbeitgeberverantwortung ist nicht delegierbar!
Delegierbar sind vielmehr einzelne Aufgaben, jedoch nur an zuverlässige und fachkundige Personen. Dies sollten Sie dann aber schriftlich tun. Die Beauftragung muss genau beschreiben, welche Aufgaben im Einzelnen übertragen werden. Sofern Sie Aufgaben an die Verantwortlichen der jeweiligen Arbeitsbereiche delegiert haben, müssen Sie sich als Arbeitgeber davon überzeugen, ob und wie die Beauftragten ihren Aufgaben nachkommen.
Schritt 1 der Gefährdungsbeurteilung: Vorbereitung
Bevor Sie mit der Gefährdungsbeurteilung loslegen, müssen Sie als erstes die Betriebsorganisation erfassen. Auch hier finden Sie die Unterstützung im QM in Form von Organigrammen, Stellenbeschreibungen, Verfahrens- und Arbeitsanweisungen. Denken Sie auch an besondere Personengruppen, wie
- Jugendliche,
- werdende und stillende Mütter,
- MA ohne ausreichende Deutschkenntnisse, behinderte Menschen,
- Zeitarbeitsbeschäftigte und
- Praktikanten oder Berufsanfänger.
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Ergänzen Sie nun Ihren QM-Prozess der Lenkung von Dokumenten (ISO 9001, Kapitel 4.2.3) um die Lenkung folgender für den Arbeitsschutz relevanter Dokumente:
- Kataster rechtlicher Grundlagen mit Arbeitsschutzvorschriften sowie die Vorschriften Ihres Unfallversicherungsträgers (UVV’s).
- Bereits bestehende innerbetriebliche Regelungen zum Arbeitsschutz.
Schritt 2 der Gefährdungsbeurteilung: Ermitteln
Es ist mittelfristig günstig für Sie, Ihre Beschäftigten für den Arbeitsschutz zu sensibilisieren. Durch die (freiwillige) Beteiligung Ihrer Beschäftigten am Arbeitsschutz schaffen Sie weiterhin die Voraussetzungen dafür, dass diese ihren Mitwirkungspflichten auch nachkommen.
Achtung: Die Beteiligungsrechte der Betriebs- oder Personalvertretung müssen Sie beachten.
Grundsätzlich müssen Sie alle Gefährdungen, die Ihre Beschäftigten am Arbeitsplatz für jeden Tätigkeitsbereich betreffen könnten, berücksichtigen. Eine Checkliste mit möglichen Gefährdungsfaktoren, wird Ihnen dabei wertvolle Hilfe leisten. Die Tabelle auf dieser Seite strukturiert die Gefährdungsfaktoren aus der Perspektive des ArbSchG.
Schritt 3 der Gefährdungsbeurteilung: Beurteilen
Für jede einzelne ermittelte Gefährdung müssen Sie nun beurteilen, d.h. feststellen, ob Handlungsbedarf für Arbeitsschutzmaßnahmen besteht. Folgende Möglichkeiten sollten Sie bei der Beurteilung heranziehen:
- Rechtliche Anforderungen (z.B. UVV’s),
- Vergleiche: Messungen ó Grenzwerte
(Gefahrstoffe, Lärm, …), - Expertenmeinungen (intern/extern),
- Erfahrungswerte.
Die Ergebnisse der Beurteilung sind in der Dokumentation zu vermerken.
Schritt 4 der Gefährdungsbeurteilung: Festlegen
Stellen Sie zum Beispiel bei Ihren Messungen fest, dass Grenzwerte überschritten werden, müssen Sie Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Gefährdungen festlegen. Diese sollten Sie nach T-O-P strukturieren:
- T = technische Maßnahmen,
- O = organisatorische Maßnahmen
- P = personenbezogene Maßnahmen
Grundsätzlich gilt:
Technische Lösungen haben Vorrang vor organisatorischen Regelungen und dem Bereitstellen persönlicher Schutzausrüstungen.
Schritt 5 der Gefährdungsbeurteilung: Durchführen
Legen Sie nun für jede technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahme unmissverständlich in einem Maßnahmenplan fest:
WER macht WAS bis WANN?
Schritt 6 der Gefährdungsbeurteilung: Überprüfen
Kontrollieren Sie zeitnah, ob die Maßnahmen von den Beauftragten termingerecht durchgeführt wurden.
Wichtig ist zu erkennen, ob durch die Maßnahmen die Gefährdung auch wirklich nachhaltig abgestellt wurde. Halten Sie Nachweise für die Ergebnisse dieser Prüfung schriftlich fest.Hinweis: Ergänzen Sie ggf. die Liste der zu lenkenden Aufzeichnungen (entsprechend Kapitel 4.2.4 der ISO 9001).
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Schritt 7 der Gefährdungsbeurteilung: Fortschreiben
Betriebliche Gegebenheiten können sich verändern und es können neue Gefährdungen entstehen oder es wurden Gefährdungen noch nicht erkannt. Anhaltspunkte für letzteres sind z. B.:
- Erkenntnisse aus Arbeitsunfällen,
- Auftreten von Berufskrankheiten oder
- hohe gesundheitsbedingte Fehlzeiten.
Eine wiederholte Gefährdungsbeurteilung ist in folgenden Fällen notwendig:
- Anschaffung neuer Maschinen u. Geräte,
- Einführung neuer Arbeitsstoffe,
- Umgestaltung von Arbeits- und Verkehrsbereichen,
- Änderungen der Arbeitsorganisation und des Arbeitsablaufs,
- neue Arbeitsschutzvorschriften.
Und da gibt es noch die Betriebssicherheitsverordnung
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) regelt speziell die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, sowie die Sicherheitsaspekte beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes:
§3 Gefährdungsbeurteilung
§4 Anforderungen an die Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel
…
§7 Anforderungen an die Beschaffenheit der Arbeitsmittel
§8 Sonstige Schutzmaßnahmen
§9 Unterrichtung und Unterweisung
§10 Prüfung der Arbeitsmittel
§11 Aufzeichnungen
Die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung sollten Sie bei der Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur bzw. Arbeitsumgebung (lt. Kap. 6.3/6.4 der ISO 9001) berücksichtigen.
Ihr Reinhold Kaim (QMB)Siehst du?
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1 Comment
hallo, Herr Kaim,
ich habe im LKA-Labor ein 17025-QMS aufgebaut und weitgehend akkreditiert bekommen. Nun wollen wir nach und nach den Arbeitsschutz da draufsetzen. Es gibt schon einige Kernvorschriften (Verhalten im Labor, Risikomanagement usw..). Die Gefährdungsbeurteilungen haben noch Lücken. Es wurde schon ein AS-Audit zur Überprüfung der Routinetätigkeiten durchgeführt.
Jetzt frage ich mich, wie ich die internen AS-Auditor/inn/en weiter qualifiziert bekomme ohne sie alle zur SiFa zu machen. Haben Sie da gute Ideen? Ist vielleicht auch ein Markt für Sie.
Wie geht es Ihnen so?
Grüße aus Stuttgart
bki