So definieren Sie als UMB Ihre Umweltpolitik und Umweltziele gem. der ISO 14001
Ich bin UMB ISO 14001 (Umweltmanagementbeauftragter) in einem mittelständischen Unternehmen und habe viele unterschiedliche Aufgaben und Pflichten. Die Planung von Umweltzielen und die Planung der Umweltprogramme zur Erreichung der gesteckten Ziele ist ein wesentliches Element unseres Umweltmanagementsystems (UMS). Nachdem wir die Umweltaspekte und bindenden Verpflichtungen unseres Unternehmens kennen, geht es nun darum, die vorhandenen bedeutenden Umweltaspekte durch das Setzen von realistischen Umweltzielen kontinuierlich zu verbessern. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass weniger die Formulierung unserer Ziele eine Herausforderung darstellt, sondern vielmehr deren praktischen Umsetzung, Erfassung und Überwachung über sinnvolle Umweltkennzahlen unserer Organisation, da hier häufig die notwendige Akzeptanz seitens der Belegschaft, aber auch des Managements, fehlt. Die Planung und Erreichung unserer Umweltziele ist jedoch ein wesentliches Element, um den Nachhaltigkeitsgedanken und die durch unsere Umweltpolitik formulierte Verpflichtung zur ständigen Verbesserung und Vermeidung von Umweltbelastungen sicherzustellen. In diesem Beitrag erfahren wir von einem Umweltmangementbeauftragten wie Sie Ihre Umweltpolitik und Umweltziele definieren können.
Weitere Beiträge aus der Serie „Ein UMB erzählt aus der Praxis“:
Teil 1: So ermitteln Sie Ihre Umweltaspekte nach ISO 14001
Teil 2: So erfüllen Sie die ISO 14001 Anforderungen an bindende Verpflichtungen in Ihrem Unternehmen
Teil 3: So definieren Sie als UMB Ihre Umweltpolitik und Umweltziele gem. der ISO 14001
Teil 4: So können Sie als UMB den Kontext der Organisation gem. der ISO 14001 bestimmen
Teil 5: Umweltkommunikation – Dies sollten Sie als UMB im Rahmen der internen und externen Kommunikation beachten
Teil 6: Ressourcen, Kompetenzen und Bewusstsein
Teil 7: Wie können Sie als UMB die Anforderungen der ISO 14001 an dokumentierte Informationen im Unternehmen umsetzen?
Teil 8: Wie können Sie als UMB die Anforderungen der ISO 14001 an die betriebliche Planung und Steuerung umsetzen?
Teil 9: Wie können Sie als UMB die Notfallvorsorge und Gefahrenabwehr ISO 14001 sicherstellen?
Meine Herausforderungen als Umweltmanagementbeauftragter ISO 14001
Wie auch bei vielen anderen Themen unseres Umweltmanagementsystems, meint mein Chef (also unsere oberste Leitung), dass ich für die Festlegung, Führung und Bewertung der Umweltziele zuständig bin, schließlich bin ich ja der durch die oberste Leitung benannte Umweltmanagementbeauftragte. Ich selbst habe jedoch nicht die Ressourcen und auch nicht die Fachkenntnis, mich in allen Bereichen unseres Umweltmanagementsystems so einzubringen, dass ich die Erreichung der der Ziele sicherstellen kann. Aber ist es wirklich so gemeint, dass ich als Umweltmanagementbeauftragter ISO 14001 vorrangig für die Festlegung und Erreichung der Umweltziele verantwortlich bin?
Unser Tipp
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Diese Begriffe sind für Ihr Umweltmanagementsystem von Bedeutung
Zur Umsetzung der Normforderungen ist es wichtig, einige wichtige Begriffe bezüglich der Normensprache zu kennen.
Umweltpolitik
sind Absichten und Ausrichtungen einer Organisation in Bezug auf die Umweltleistung, wie von der obersten Leitung formell ausgedrückt. Ein Ziel kann strategisch, taktisch oder operativ sein. Ziele können sich auf verschiedene Disziplinen beziehen (z.B. Umweltziele) und für verschiedene Ebenen gelten. Ein Ziel kann auf andere Weise ausgedrückt werden (z.B. als beabsichtigtes Ergebnis, als Zweck oder als Kriterium).
Umweltziele
sollen in Übereinstimmung mit der Umweltpolitik festgelegt werden.
Umweltkennzahlen
sind eine messbare Darstellung der Beschaffenheit oder des Status von Betriebsabläufen, Management oder Zuständen.
Umweltleistungen
beziehen sich auf das Management von Umweltaspekten. Für ein Umweltmanagementsystem können Ergebnisse in Bezug auf Umweltpolitik der Organisation, Umweltziele oder weitere Kriterien mit Kennzahlen gemessen werden.
Video: Aufgaben eines Umweltmanagementbeauftragten
Video: High Level Structure ISO 14001
So definieren Sie Ihre Umweltpolitik und Umweltziele Normgerecht nach ISO 14001
Bei den Hauptforderungen in Bezug auf die Planung und Erreichung der Umweltziele sind drei Abschnitte der ISO 14001:2015 besonders relevant. Gemäß den Forderungen des Abschnitts 6.2.1 muss die Organisation Umweltziele für relevante Funktionsbereiche und Ebenen festlegen, dabei den bedeutenden Umweltaspekten und damit verbundenen bindenden Verpflichtungen der Organisation Rechnung tragen und ihre Risiken und Chancen berücksichtigen. Umweltziele müssen dabei:
- im Einklang mit der Umweltpolitik stehen;
- messbar sein (sofern messbar);
- überwacht werden;
- vermittelt werden;
- soweit erforderlich, aktualisiert werden.
Die Organisation muss zu den Umweltzielen dokumentierte Informationen aufrechterhalten. Der Abschnitt 6.2.2 beschreibt die Forderungen bei der Planung der Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele. Bei der Planung muss die Organisation bestimmen:
- was getan wird;
- welche Ressourcen erforderlich sind;
- wer verantwortlich ist;
- wann es abgeschlossen wird;
- wie die Ergebnisse bewertet werden, einschließlich Kennzahlen zur Überwachung der Fortschritte in Bezug auf das Erreichen ihrer messbaren Umweltziele.
Dabei muss die Organisation berücksichtigen, wie die Maßnahmen zum Erreichen der Umweltziele in die Geschäftsprozesse integriert werden können. Die Umweltziele sind unmittelbar mit den Umweltleistungen der Organisation verbunden, welche entsprechend bewertet werden müssen. Zur Bewertung der Leistung muss die Organisation gemäß Abschnitt 9.1.1 ihre Umweltleistung überwachen, messen, analysieren und bewerten. Die Organisation muss dabei bestimmen:
- was überwacht und gemessen werden muss;
- welche Methoden zur Überwachung, Messung, Analyse und Bewertung (sofern zutreffend) angewendet werden, um gültige Ergebnisse sicherzustellen;
- gemäß welchen Kriterien die Organisation ihre Umweltleistung bewertet und angemessene Kennzahlen führt;
- wann die Überwachung und Messung durchzuführen ist;
- wann die Ergebnisse der Überwachung und Messung zu analysieren und zu bewerten sind.
Die Organisation muss sicherstellen, dass für die Umweltleitungserfassung kalibrierte oder geprüfte Überwachungs- und Messgeräte zur Anwendung kommen und diese in angemessener Weise gewartet werden. Zur Umsetzung muss die Organisation ihre Umweltleistung und die Wirksamkeit des Umweltmanagementsystems bewerten und die für ihre Umweltleistung relevanten Informationen sowohl intern als auch extern kommunizieren. Dies muss jedoch nur in dem Rahmen geschehen, wie es in ihren Kommunikationsprozessen ausgewiesen und wie dies aufgrund ihrer bindenden Verpflichtungen erforderlich ist. Die Organisation muss ebenfalls hierzu geeignete dokumentierte Informationen als Nachweis der Ergebnisse der Überwachung, Messung, Analyse und Bewertung aufbewahren.
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Was bedeutet dies für unser Umweltmanagementsystem?
Zwar formuliert die Norm bei den Themen rund um die Umweltziele immer „die Organisation muss“, jedoch macht es Sinn, bei der Formulierung der Umweltziele die oberste Leitung auf strategischer, taktischer oder betrieblicher Ebene in die Pflicht zu holen. Es reicht nicht, dass die oberste Leitung die Politik formuliert und die Managementbewertung durchführt – die strategischen Ziele sollten durch die höchsten Ebenen der Organisation (Geschäftsführung, Vorstand etc.) festgelegt werden, da diese hierzu einerseits die notwendigen Ressourcen an finanziellen Mitteln und ebenfalls die Personalressourcen zur Verfügung stellen müssen. Die Umweltziele müssen dabei auf die gesamte Organisation angewendet werden können. Hier sind dann die entsprechenden Abteilungsleitungen verantwortlich, die durch die oberste Leitung gesteckten Ziele auf allen Ebenen der Organisation umzusetzen, da die taktischen und betrieblichen Ebenen Umweltziele für spezifische Einheiten oder Funktionsbereiche innerhalb der Organisation enthalten können und diese mit ihrer strategischen Ausrichtung kompatibel sein sollten. Wichtig ist, dass die Umweltziele allen Personen vermittelt werden, welche unter Aufsicht der Organisation Tätigkeiten verrichten und die Möglichkeit haben, das Erreichen der Umweltziele zu beeinflussen. Die Mitarbeiter aber auch umweltrelevante Lieferanten und Dienstleister sollten hier also als Basis des UM-Systems mit einbezogen und maßgeblich im Rahmen ihrer spezifischen Umweltaspekte beteiligt werden. Ebenfalls ist es wichtig zu wissen, wie die Forderungen „in Übereinstimmung mit der Umweltpolitik“ berücksichtigt werden können. Dies bedeutet, dass jeder Mitarbeiter sowie umweltrelevante Lieferanten und Dienstleister verstehen, was jeder selbst zur Umsetzung der Politik und der Erreichung der gesteckten Ziele beitragen kann.
Lösungsansatz für die Praxis
Sollte die oberste Leitung die Beaufsichtigung und Betreuung der Ziele nicht eigenständig durchführen wollen, so wird oftmals der Umweltmanagementbeauftragter ISO 14001 als Vertreter der obersten Leitung mit dieser Tätigkeit beauftragt. Auch wenn die ISO 14001:2015 keinen UM-Beauftragten explizit fordert, ist es wichtig, dass mindestens eine Person die Übersicht behält und die Resultate direkt an die oberste Leitung berichtet, sollten sich signifikante Änderungen oder Probleme bei der Umsetzung der Ziele ergeben. Diese Person muss durch die entsprechenden Bereichs- bzw. Abteilungsleiter konsequent maßgeblich unterstützt werden, da diese meist die Personal- und Finanzgewalt haben. Bei der Umsetzung der Umweltziele können alle Werkzeuge des Projektmanagements in die Umsetzung der Umweltprogramme einfließen. So ist es sehr ratsam, in einem Team immer einen „Projektleiter“ zu benennen, welcher hier federführend das Umweltprojekt steuert und verantwortet. Die Ergebnisse der Umweltprogramme sollten regelmäßig mit der obersten Leitung und dem Managementbeauftragten besprochen werden, umso zeitnah bei Änderungen reagieren zu können. Nicht nur erkannte Probleme sollten hier besprochen werden, auch der aktuelle Stand des Projektbudgets muss ein fester Bestandteil des Projektmeetings sein. In der Praxis haben sich übersichtliche Darstellungen von Umweltzielen mit detaillierten Angaben bewährt. Hier können neben den durch die Norm geforderten Punkten auch weitere unternehmensspezifiche Elemente enthalten sein. Ein Ziel/Programm kann z.B. folgende Themen beinhalten:
- Ziele (Was soll erreicht werden?);
- Anwendungbereich des Zieles (Managementsysteme);
- Definition, ob Langzeit- /Kurzzeitzeil;
- Bezeichnung Projekt/Programm;
- Team zur Umsetzung;
- Beginn der Projekte;
- Status (offen, in Arbeit, abgeschlossen);
- benötigte Ressourcen (Kosten, Personal);
- ggf. mögliche Kostenreduktion;
- Freigabe der Ressourcen (am, durch);
- aktueller Stand Budget;
- letzte Besprechung zum Thema am;
- resultierende Maßnahmen;
- sonstige Hinweise.
In einem integrierten Managementsystem (ISO 9001, ISO 14001, ISO 45001, ISO 50001 usw.) können die Ziele selbstverständlich integriert geführt werden, wobei z.B. der Bezug durch die Kennzeichnung der durch die Ziele betroffenen Schwerpunkte unterschiedlich gekennzeichnet werden kann.
Video: Revision ISO 14001 : 2015
Video: Aufgaben des Umweltschutzbeauftragten
Umweltkennzahlen
Um die Effektivität von umgesetzten Umweltzielen sowie der kontinuierlichen Überwachung von Zielen zu messen, bieten sich Umweltkennzahlen an. Diese verdichten umfangreiche Umweltdaten auf eine überschaubare Anzahl aussagekräftiger Schlüsselinformationen und ermöglichen den Entscheidern dadurch eine komplexe und überschaubare Einschätzung der wesentlichen Fortschritte sowie der möglichen Schwachstellen der Umweltziele. Umweltennzahlen werden ausgewählt, um messbare Umweltziele zu bewerten. „Messbar“ bedeutet, dass es möglich ist, entweder quantitative oder qualitative Methoden in Bezug auf einen festgelegten Maßstab zu verwenden. Dies dient der Bestimmung, ob das Umweltziel erreicht wurde. Für weitere Informationen zu Umweltindikatoren verweist die Norm auf die ISO 14031 (Umweltmanagement – Umweltleistungsbewertung-Leitlinien). Betriebliche Umweltkennzahlen bieten verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, zu diesen zählen u.a.:
- Darstellen der Umweltveränderungen Zeitreihenvergleich;
- Aufdecken von Optimierungspotentialen;
- Ableiten und Verfolgen von Umweltzielen;
- Energie- und Kostensenkungspotentiale;
- Betriebsvergleich der Umweltleistung;
- Datengrundlage für Umweltberichte und -erklärungen;
- Transparenz der Umweltaspekte zu den Mitarbeitern;
Für die Gestaltung eines Umweltkennzahlensystems sollten einige Grundsätze beachtet werden. Kennzahlen sollten immer folgende Ansprüche erfüllen:
- Vergleichbarkeit
- Zielorientiertheit
- Ausgewogenheit
- Kontinuität
- Aktualität
- Verständlichkeit
Sind diese Indikatoren erfüllt, so können Kennzahlen über einen langen Zeitraum die Nachverfolgung der formulierten Ziele und die Effektivität der Programme abbilden.
Mein Fazit als UMB ISO 14001 zum Thema Umweltziele und Umweltpolitik
Ich habe jetzt verstanden, dass die Festlegung, Erfassung und Bewertung der Umweltziele keine alleinige Aufgabe eines Managementbeauftragten ist. Alle Mitarbeiter und besonders die Leitung sind hier hier ein wesentlicher Bestandteil, um die gesteckten Ziele konsequent zu verwirklichen, wobei ich als Managementbeauftragter diese in Abstimmung mit unserer Leitung koordinieren und überwachen kann.
Ich hoffe, dass Ihnen mein Erfahrungsbericht helfen wird!
Ihr André Mayr
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