Energie ISO 50001 & EN 16247

Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz : Was bedeutet er für Industrie, Handel & Dienstleistungen?

Energieeffizienz ist die zweite, bisher vernachlässigte Säule der Energiewende. In der Europäischen Union soll der Endenergieverbrauch im Jahr 2020 gegenüber dem im Jahr 2007 prognostizierten Wert um 20 Prozent auf 1.086 Mio. t Rohöleinheiten (RÖE) sinken. Deutschland hat sich verpflichtet, seinen Endenergieverbrauch bis 2020 auf 194,3 Mio. t. RÖE prozu senken.

Im Oktober 2014 hat der Europäische Rat (das Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU) den Energie- und Klimarahmen für die Politik der EU bis zum Jahr 2030 beschlossen; im November hat die Bundesregierung den Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) vorgestellt, mit dem sie darstellt, mit welchen zusätzlichen Maßnahmen sie ihr Energieeffizienz Ziel(und damit auch ihr Klimaziel) für das Jahr 2020 erreichen will.

Energie und Klimarahmen der EU bis 2030

Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen der EU gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent sinken, wobei die vom EU-Emissionshandelssystem erfassten Industriesektoren ihre Emissionen gegenüber 2005 um 43 Prozent und die nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren um 30 Prozent senken müssen. Ab 2021 wird die Obergrenze für Treibhausgasemissionen um 2,2 Prozent jährlich abgesenkt (bis 2020 1,74 Prozent). Für die nicht unter den Emissionshandel fallenden Sektoren werden nationale Emissionsreduktionsziele festgelegt, die unter den Mitgliedsstaaten auf Grundlage des BIP pro Kopf verteilt werden und gegenüber 2005 zwischen 0 und 40 Prozent liegen können.

Der Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Energieerzeugung soll im Jahr 2030 mindestens 27 Prozent betragen; die Mitgliedsstaaten dürfen ehrgeizigere nationale Ziele festlegen und erneuerbare Energien auch mit staatlichen Beihilfen im Rahmen der EU-Beihilferegeln unterstützen – ein wichtiger Punkt für die deutsche EEG-Umlage, gegen die die EU beim EEG 2012 ja noch ein Beihilfeprüfverfahren eingeleitet hat. Zur Verbesserung der Energieeffizienz wird ein „indikatives Ziel“, eines um mindestens 27 Prozent gegenüber dem für 2030 prognostizierten Wert gesenkten Energieverbrauchs, vorgegeben. Im Jahr 2020 soll geprüft werden, ob dieses Ziel auf 30 Prozent erhöht werden kann. Dazu wird die EU-Kommission Sektoren vorschlagen, in denen sie erhebliches Energieeffizienz Potenzial sieht und Maßnahmen vorschlagen, wie das Ziel zu erreichen ist. Verbindliche nationale Ziele der Mitgliedsstaaten werden aus diesem „indikativen Ziel“ allerdings nicht abgeleitet.

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Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE)

Mit dem Aktionsplan soll nicht nur die Erfüllung des nationalen Einsparziels sichergestellt, sondern es sollen auch Hemmnisse, z.B. Informationsdefizite, abgebaut werden, die derzeit noch die Umsetzung selbst wirtschaftlicher Energieeffizienz Maßnahmen verhindern. Nach Einschätzung der Bundesregierung gibt es insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) viele Energieeffizienz Maßnahmen mit einer Rendite von 20 bis 25 Prozent, die jedoch nicht umgesetzt werden. Im Aktionsplan bekennt sich die Bundesregierung zu ihren Energieeffizienz zielen aus dem Energiekonzept von 2010: Gegenüber dem Basisjahr 2008 soll der Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent sinken.

Info_Quadrat_Orange_354x354 PRIMÄR-, SEKUNDÄR- UND ENDENERGIE
Primärenergieträger sind die in der Natur zur Verfügung stehenden Energieträger, also Stoffe oder Energieformen, deren Energiegehalt für Energieumwandlungsprozesse nutzbar ist. Das sind z.B. die fossilen Brennstoffe Kohle, Öl, Gas oder erneuerbare Energieträger wie Sonnenstrahlung, Windenergie, Wasserkraft und Biomasse. Der Primärenergieverbrauch ist der nutzbare Energiegehalt der zur Energieerzeugung verwendeten Primärenergieträger. Aus diesen werden durch Energieumwandlungsprozesse, z.B. in Kraftwerken oder Raffinerien, Sekundärenergieträger, wie Strom, Heizöl, Treibstoffe, Fernwärme etc. erzeugt. Diese sind in der Regel besser nutzbar und/oder leichter zu transportieren. Die nach dem Transport beim Kunden ankommende Energie ist die Endenergie. Der gesamte Verbrauch an Endenergie ist der Endenergieverbrauch. Da bei der Umwandlung von Primär- in Sekundärenergieträger stets – und zum Teil hohe – Verluste auftreten und weitere Verluste beim Transport zum Endverbraucher entstehen, ist der Primärenergieverbrauch immer deutlich höher als der Endenergie-verbrauch. In Deutschland betrug 2012 der Primärenergieverbrauch 3.745 PJ, der Endenergieverbrauch 8.998 PJ (siehe Abbildung weiter unten).

Von 2008 bis 2013 ist der Primärenergieverbrauch (PEV) temperaturbereinigt um 5,1 Prozent gesunken, allerdings von 2012 auf 2013 gestiegen. Verschiedene Szenarien zeigen, dass bei Fortsetzung der bisherigen Politik der Energieverbrauch bis 2020 gegenüber 2008 um 7,2 bis 10,1 Prozent sinken dürfte – das Mindestziel von 20 Prozent also weit verfehlt würde. Um den PEV zu senken, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Die Verbesserung der Effizienz bei der Energieumwandlung, um die benötigte Endenergie mit einem geringeren PEV zu erzeugen oder eine Senkung des Endenergieverbrauchs. Die Energieeffizienz bei der Energieumwandlung kann z.B. durch effizientere Kraftwerke oder höheren Einsatz erneuerbarer Energien gesenkt werden.

Hier gibt es aktuell gegenläufige Tendenzen: So werden hocheffiziente Gaskraftwerke nicht ihrem Potenzial entsprechend genutzt, da unter den aktuellen Marktbedingungen die weniger effizienten Braunkohlekraftwerke billiger sind; andererseits steigt der Anteil erneuerbarer Energien weiter und verbessert die Energieeffizienz bei der Stromerzeugung. Der NAPE beschäftigt sich mit der anderen Seite der Energieeffizienz : der Senkung des Endenergieverbrauchs. Industrie, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen sind von zwei Handlungsfeldern des NAPE besonders angesprochen: „ Energieeffizienz als Rendite- und Geschäftsmodell“ und „Eigenverantwortlichkeit für Energieeffizienz “. Zu beiden gibt es Sofortmaßnahmen und weiterführende Arbeitsprozesse, die vor allem dem Ziel 2050 dienen sollen und erst noch konkretisiert werden müssen.

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Energieflussbild Deutschland

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EFFIZIENTE ERNEUERBARE ENERGIEN

Erneuerbare Energieträger sind anders als fossile Brennstoffe: Während man den Gehalt an chemischer Energie in einem Kilo Kohle bestimmen kann, sieht das etwa beim Wind anders aus. Wärmeverluste bei der Stromerzeugung fallen kaum an und daher geht die international weit verbreitete und auch in der  deutschen Energiestatistik verwendete „Wirkungsgradmethode“ davon aus, dass Wind-, Wasser- und Solarkraftwerke einen Wirkungsgrad von 100 Prozent besitzen: 1 kWh Strom aus einem Windkraftwerk entspricht einem PEV von 1 kWh. In fossilen Kraftwerken werden aber durchschnittlich nur 38 Prozent der Primärenergie in Strom umgewandelt und damit ersetzt 1 kWh Strom aus erneuerbaren Quellen 2,63 kWh PEV bei fossilen Kraftwerken (weshalb manche Kritiker der „Wirkungsgradmethode“ wie der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung  Globale Umweltveränderungen WBGU den Beitrag fossiler Energien zur Energieerzeugung auch mit diesem Wert berechnen – dies wird dann „Substitutionsmethode“ genannt – und auf einen noch höheren Anteil erneuerbarer Energien an der Energieerzeugung kommen als die offizielle Energiestatistik). Unabhängig von Fragen der richtigen Statistik bedeutet die Zunahme der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in jedem Fall eine Verbesserung der Effizienz bei der Energieumwandlung und erleichtert damit das Erreichen des Energieeffizienz Zieles.

Energieeffizienz als Renditemodell

Wie kostenoptimale Einsparmöglichkeiten aktiviert werden können, soll in einem Pilotvorhaben zu einem Ausschreibungsmodell zur Senkung des Stromverbrauchs (STEP up! – STEP steht für STromEffizienzPotenziale) erprobt werden. Mit den Ausschreibungen sollen die Maßnahmen gefördert werden, die pro Euro am meisten kWh einsparen. Damit sollen die möglichen Akteure angeregt werden, selbst nach lohnenswerten Einsparmöglichkeiten zu suchen. Um Contracting zu fördern, soll das Angebot an Bürgschaften ausgebaut werden, um die typischen Hemmnisse beim Contracting (lange Vertragslaufzeiten, Gewährleistungen etc.) zu überwinden. Auch die Beratung u.a.von  KMU zum Energieeinsparcontracting soll verbessert werden.

Die KfW-Energieeffizienz Programme (KfW Zinsverbilligung zur Förderung energieeffizienter Produktionsanlagen und -Prozesse inkl. Querschnittstechnologien) sollen weiterentwickelt werden; dabei sollen ein neuer Einstiegsstandard (10 Prozent Einsparung) und ein neuer Premiumstandard (30 Prozent Einsparung) eingeführt werden. Eine weitere Sofortmaßnahme soll im Rahmen der Energieberatung Mittelstand die Abwärmenutzung in der Industrie fördern. Die weiterführenden Arbeitsprozesse sollen langfristig die Rahmenbedingungen für Energiedienstleistungen verbessern und neue Finanzierungskonzepte für Energie-effizienzmaßnahmen entwickeln und erproben.

ENERGIEEINSPARCONTRACTING
Ein Dienstleister (Contactor) plant, finanziert, baut und (optional) betreibt Maßnahmen, die zu einer garantierten Energieeinsparung führen.

 


Eigenverantwortlichkeit für Energieeffizienz

Immer noch kennen auch viele Unternehmen ihren Energieverbrauch nur grob. Die Durchführung von Energieaudits soll daher massiv gefördert werden. Unter anderem sollen bis 2020 500 Energieeffizienznetzwerke eingerichtet werden, die von einem Energieberater begleitet werden. Die Mitgliedschaft ist freiwillig; die Mitglieder müssen aber ein Energieaudit durchführen und das Netzwerk muss sich auf Basis der individuellen Unternehmensziele ein Einsparziel setzen. Um überbetriebliche Effizienzpotenziale, bspw. in Gewerbegebieten, zu heben, sollen in solchen Gebieten „Energieeffizienzmanager“ gefördert werden, die z.B. Kooperationen mit Nachbarbetrieben, gemeinsame Versorgungslösungen etc. fördern sollen. Auch sollen branchenspezifische Effizienzkampagnen das Bewusstsein fördern, indem sie branchenspezifische Einsparmöglichkeiten aufzeigen.

Ein Anfang wurde mit der Klimaschutz- und Energiesparkampagne des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) bereits gemacht; andere Industrie- und Gewerbebranchen sollen folgen. Die Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz soll ebenfalls mit dem Ziel, Beratung und Information zur Erhöhung der Energieeffizienz zu verbessern, weitergeführt und weiterentwickelt werden; und auch mit einer Weiterentwicklung der Energieberatung Mittelstand soll die Umsetzung von Energieaudits und der vorgeschlagenen Effizienzmaßnahmen gefördert werden. Im Rahmen der weiterführenden Arbeitsprozesse sollen die bestehenden Beratungsangebote zum Thema Energieeffizienz sinnvoll zusammengeführt werden; die Kriterien für die Qualitätssicherung der Energieberatung sollen ebenfalls überprüft und so definiert werden, dass eine hochwertige Energieberatung sichergestellt wird. Der Inhalt der Beratungsprogramme soll besser an die Bedürfnisse der Beratenen angepasst werden. Gefördert werden soll auch die Erhebung und Bekanntmachung typischer Energieverbrauchskennzahlen, etwa von Sektor- oder branchenspezifischen Minimal-, Maximal-, Durchschnitts- und Referenzwerten von Querschnittsanwendungen und -Technologien, die es Unternehmen als „Benchmark“ erleichtern sollen, ihren Stand bei der Energieeffizienz zu bewerten. Geprüft wird in dem Rahmen auch, ob es möglich ist, Best-Practice- Beispiele für Sektoren, Branchen und Querschnittstechnologien zu entwickeln.

Deutschland muss mehr tun, um seine Energieeffizienzziele zu erreichen. Daher werden zahlreiche neue Informations-, Beratungs- und Förderprogramme aufgelegt. Nutzen Sie diese in Ihrem Energiemanagementsystem oder zur Durchführung von Energieaudits und bei der Umsetzung von Energieeffizienz Maßnahmen.

Viel Erfolg bei der Umsetzung. Bis zum nächsten Mal.
Ihr Jürgen Paeger

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